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René Gabriels
ultmiative
Bordeaux-
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Lieber Thomas

Die Qualität eines Spitzenwinzers habe ich immer auch an deren einfachsten Weinen justiert. Gerade deshalb schmeckt mir Dein «normaler» Pinot Noir so gut. Dieser zeigt eine ehrliche Ausstrahlung, gut stützende Säure, viel rotbeerige Frucht, aber auch was würzig Stieliges, manchmal Kühles, was genau so die Herkunft so herrlich dokumentiert.

Oft konnte ich es kaum erwarten den neuen Jahrgang vom «Der Mattmann» zu verkosten um mir dann überzeugt ein paar Kartons zu erwerben. Dies mit der Gewissheit, dass dieser grossartige, kräftige Wein immer ein paar Jahre braucht, bis er seine Kanten geschliffen hat und dann wie eine Pommard-Variante des Bündnerlandes daher kommt. 

Vor zwei Wochen hast Du mir die bestellten «Mattman Q» vom allerersten Jahrgang 2009 in die Innerschweiz geliefert. Vielleicht tönt es despektierlich, wenn man im Zusammenhang mit einem Pinot von einem Beaujolaus-artigen Rotwein spricht. Aber dieser Wein ist schlank, zart und lieblich und duftet wie ein Korb von frisch gepflückten Himbeeren. Auch Pinot kann nämlich tanzen – nicht nur Riesling.

Du hast erstmals auf Dich Aufmerksamkeit gezogen, als Du Schweizermeister im Weindegustieren wurdest. Dann zog es Dich ins Bündnerland und hast Dich dort kontinuierlich etabliert und bist über dabei viele Steine gehüpft die Dir ein paar der hartnäckigsten Winzerkonkurrenten in den Weg legten.

Wir versuchten zusammen ein System zu schaffen, dass jeweils Topjournalisten und Spitzengastronomen und ein paar private Fans von Bündnerweinen den neuen Jahrgang an einem einzigen Nachmittag verkosten konnten.

Zwei Mal schafften wir dass, doch dann resignierten wir beide vor der weinpolitischen Opposition. Wir haben diesen Entscheid lange zusammen diskutiert. Warum sollte in einer so fantastischen Weinregion etwas nicht funktionieren, was alle anderen Weinregionen als erfolgreiches Marketing-System kontinuierlich pflegen.

So blieben uns halt die Begegnungen an vielen Degustationen, Deine jährliche Teilnahme an meinen Burgunderproben, meine Besuche auf dem Weingut in Zizers und viele Telefongespräche zwischendurch.   

In den letzten Jahren hast Du viele tolle Bewertungen für Deine Weine erhalten. Die NZZ titelte: «Thomas Mattmann auf Erfolgswelle». Du hast vom Feinschmecker den Wine Award als: «Newcomer des Jahres» erhalten. Vinum beschrieb Dich als «Senkrechtstarter unter den Schweizer Winzern».  

Jetzt schreibe ich diese wenigen Zeilen um Dir noch einmal, einen letzten Auftritt auf meiner kleinen Internetbühne zu bieten. Als Zeichen und Dank einer ganz speziellen Freundschaft, die ich mit Dir pflegen durfte. Viele Flaschen auf denen Dein Name steht sind noch in meinem Keller. Ich werde diese geniessen und dabei versuchen nicht melanchonisch zu werden. Und wenn Freunde mit dabei sind, dann werden wir auf Dich anstossen um uns so bei Dir zu bedanken.

Du hast die Abkürzung in den Himmel gewählt. Irgend etwas – für uns schwer Verständliches – hat Dich, trotz Deines beruflichen Erfolges resignieren lassen.

Zu früh für die Weinwelt, zu früh für Deine Freunde, zu früh für Deinen Sohn…   

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ANGÉLUS: KANN WER «B» IST, BALD AUCH «A» SAGEN?

Der Preis vom Jahrgang 2010 machte mich stutzig. Gewiss nicht nur vom Angélus, aber irgendwie gerade – aus den nun folgenden Gründen – gerade vom Angélus….

Heute Abend trank ich mich meiner Frau Karin einen Angélus 1995 und geriet ins Schwärmen und Grübeln gleichzeitig. Was für ein genialer Wein! Vielleicht nicht ganz so übergenial wie die heutigen Weine dieses Spitzen-Saint-Emilions. Aber dafür so richtig herrlicher, süffig-grosser Rotwein. 

Damals liebten ihn Alle und kauften wie verrückt. Ich erinnere mich, dass die ersten wirklich sensationellen, so richtigen grossen Angélus-Jahrgänge (1988, 1989, 1990) weniger als 30 Franken kosteten. Vom eingangs erwähnten Jahrgang 1995 kaufte ich für Mövenpick im Frühling 1996 genau 3000 Flaschen auf dem Bordeaux-Markt. Ich, pardon mein Brötchengeber, bezahlte damals den Händlern 166 Francs. Will heissen; 41.50 Schweizer Franken ab Bordeaux. In der Primeur-Offerte verlangten wir 55 Franken (inkl. Import und MWST). Und Alle waren glücklich! Die Château-Besitzer. Die Negociants. Mövenpick. Und der Kunde! 

Heute sind nur noch die ersten beiden Partner dieser schicksalshaften, önologischen «Nahrungskette» so richtig glücklich. Ich weiss nicht, wie viele Schweizer Kunden bereit sind, für eine Flasche von demselben Wein, mit der möglicherweise derselben Qualität, beim aktuellen Jahrgang 2010 320 Franken und mehr hinzublättern. Das sind – 15 Jahre später – 580 Prozent mehr! Viel zu viel denken sich die Meisten, doch hinter diesem Preis steckt auch politisch motiviertes Kalkül. Denn, wer sich in Insiderkreisen im Bordelais rumhört, der weiss, dass es vielleicht, halt eben nur eventuell, aber möglicherweise schon bald ein neues Klassement gibt. Und da wird sich die Frage stellen, ob Ausone und Cheval-Blanc wirklich das ewige Anrecht haben, alleine «Premiers Grand Crus A» zu sein. Alle anderen derselben Elite sind zwar auch Premiers Grand Crus, aber halt nicht «A», sondern nur «B». 

Und weil bisher Gérard Perse von Château Pavie der einzige war, der dieses alte, bisher in Stein gemeisselte A-B-Verhältnis anfocht, sprachen sich die beiden möglichen neuen A-Anwärter gegenseitig ab und lancierten den Jahrgang 2010 zum genau gleichen Preis. Denn wer ein richtiger «A» werden will, der muss nicht nur sehr gut sein, sondern auch sehr teuer. Sonst funktioniert das in Saint-Emilion nicht. Fast ist man geneigt zu behaupten, dass ein neuer «A» zuerst so richtig sauteuer sein muss, bevor er so richtig gut ist. Doch Angélus und Pavie sind richtig gut und jetzt auch tupf genau gleich sauteuer. Also kaufen Sie viel Angélus und Pavie in der aktuellen Subskription! Sie tun es für einen guten Zweck!

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FRAGE: DER QUALITÄTSUNTERSCHIED ZWISCHEN PREMIERS UND CRU BOURGEOIS.

Lieber Herr Gabriel

Als regelmässiger Leser Ihrer Kommentare zum Weingeschehen verstehe ich Ihre Ratlosigkeit zum Primeur 2010 durchaus. Die Preise sind 1:1 vergleichbar mit den zum Teil jenseitigen Löhnen, welche gewisse Exponenten „raubrittermässig“ von Schweizer und anderen Grossbanken und Pharmariesen zu beziehen pflegen.

Dafür gibt’s aber offenbar wunderbare Alternativen, wie Sie selber schreiben. Sie und auch andere Bordeauxkenner haben ja schon oft darauf hingewiesen, dass der qualitative Unterschied der Premier Crus zu den No-Names oder weniger bekannten Weinen noch nie so klein war bei gleichzeitig noch nie so grossen Preisunterschieden. Jetzt zu meiner Frage:

Wie gross ist denn der qualitative Unterschied nun wirklich? Könnte es Ihnen persönlich im Grunde genommen egal sein, wenn Sie ab sofort keine Top-Crus mehr trinken könnten und sich mit den sogenannt kleinen, wie zum Beispiel der von Ihnen genannte du Retout zufrieden geben müssten? Wie gross wäre denn Ihrer Meinung nach der Verlust an Lebensqualität (um es ein bisschen geschwollen auszudrücken)? Ich frage das, weil ich beim Lesen von Ihren Kommentaren oder auch denjenigen von Max Gerstl zu du Retouts und Konsorten fast unweigerlich zum Schluss komme, ich könne die überteuerten Super-Crus problemlos links liegen lassen. Ist diese Vermutung angebracht oder dann doch ein bisschen übertrieben?

Freundliche Grüsse

Reto Dubach, Heimberg
 
ANTWORT: DAS AUGE TRINKT MIT!

Lieber Herr Dubach

So einfach Ihre Anfrage ist, so komplex ist die mögliche Antwort. Rein rechnerisch verfügen die Premier-Grand-Crus über das beste Terroir im Bordelais. Rein rechnerisch deklassiert niemand so viel wie die oberste Liga in anonymen Drittwein und in immer teurer werdenden Zweitwein. Meist macht der «Grand Vin» weniger als die Hälfte der Gesamtproduktion aus. Die Premiers haben das grösste Alterungspotential und leisten sich aus diesem Grund auch einen sehr grossen, wenn nicht gar hundertprozentigen Anteil an neuen Barriques. 

Also drehen wir den Spiess um für die Betrachtung aus der Sicht eines Cru Bourgeois. Rein rechnerisch verfügen die bürgerlichen Gewächse über ein bescheideneres Terroir. Rein rechnerisch deklassieren die Bourgeois-Winzer nur einen kleinen Teil der Ernte – in der Regel 10 bis 30 Prozent. Weil das Potential als etwas weniger langlebig eingestuft wird, benutzt man in diesem Falle auch nur etwa ein Drittel neue Barriques und verwendet für den Rest eine Zweit- respektive Drittbelegung. Im Fall von gewissen Châteaux bleibt sogar ein Teil für den Ausbau im Betontank zurück bis zur Abfüllung. 

Als schlägt – technisch betrachtet – eine gewaltige Differenz zu Gunsten der Premier-Grand-Crus gegenüber den Cru Bourgeois zu Buche. 1:0 für die Premiers!

Und trotzdem ist/kann die Differenz dann letztendlich doch nicht ganz so gross sein. Alle arbeiten irgendwie genau gleich. Die Klimaerwärmung verhilft den bescheideneren Terroirs in den letzten Jahren zu noch nie dagewesenen Qualitäten. Das Wichtigste ist der Zeitpunkt der Lese. Genauer gesagt die physiologische Reife des Traubengutes. Gelingt es einem Winzer die Tannine auf einem möglichst hohen Reifegrad zu erwischen, dann kann er im Keller «mehr Gas geben». 

Längere, gekühlte Standzeiten (falls überhaupt), höhere Gärtemperaturen, längere Mazeration.  Die Art der Vinifikation ist heute vielmehr eine Stilfrage (modern oder artisanal?), wie eine Qualitätsfrage. Die technischen Möglichkeiten sind enorm. Die Frage ist nur, wie man diese Dinger einsetzt, welche Techniken dem Wein wirklich etwas mehr bringen und wo das Limit von all diesen Elementen einzustufen ist. 

Ein Premier ist von der physikalischen Gaumenwahrnehmung meist feiner als ein Cru Bourgeois. Wahre Weinkenner schätzen gerade diese Finessen. Andere bevorzugen Weine mit Ecken und Kanten. Degustiert man solche Weine blind gegeneinander, so fällt das Preisgefüge gänzlich weg und man verkostet dann primär nach den ganz ausschliesslich nach persönlichen Vorlieben.

Grad kürzlich haben wir mit Profis und privaten Weinliebhabern eine seriöse Blindverkostung gemacht. Alle Premiers aus Pauillac gegen den Rest der Appellation. Es war für mich enorm schwierig die Luxus-Güter heraus zu schnüffeln und beim Verkosten zu absorbieren. Aber – ich habe es geschafft. Zugegeben, es war extrem schwierig, weil… die wahrnehmbaren Differenzen extrem klein waren. Und dies nach immerhin 10 Jahren, denn es handelte sich ausschliesslich um den Jahrgang 2001. Wir werteten die ganze Probe aus und wer gewann? Ein Premier? Nein. Es war der Pirat – der 2001 Gruaud-Larose! Von diesem Saint-Julien-Weingut behaupte ich schon seit vielen Jahren, dass dessen Wein unter den noch erschwinglichen Bordeaux-Grand-Crus permanent einer der Besten ist.    

Einen Durchschnittwert von 17.96/20 erreichte Château Pibran. Das ist ein bemerkenswerter Cru Bourgeois der auch schon den Coupe des Crus Bourgeois gewann. Der Momentanerfolg mag am relativ hohen Merlot-Anteil (50%) gelegen haben. Deshalb war der Wein an diesem Tag derart präsent. Er lag auf 5. Stelle, vor den noch verschlossenen Latour und Lafite – nota bene. Und der Zweitwein Carruades wurde von den Testern höher eingestuft, als der Grand Vin de Lafite-Rothschild. Auch wieder ein Zeichen der momentanen Reife.

Und hier sind wir bei einer weiteren Aussage die mir sehr wichtig scheint: Lieber einen etwas kleineren, dafür reifen Wein trinken, als an einem grossen, viel versprechenden Wein herumkauen.

Eigentlich wissen ja sehr viele Leser und Weinfreunde, dass die Premiers nicht immer die besten sind. Und dass ein Deuxieme nicht immer besser ist als ein Cinquième. Und dass ein Quatrième besser sein kann als ein Troisième und dass es mittlerweile sehr viele Cru Bourgeois gibt, die heute fraglos in ein Bordeaux-Grand-Cru-Klassement gehören würden.

Wissen tut man es – aber man will es partout (noch) nicht wahrhaben. Niemand bezahlt zu viel, wenn er einen gut bewerteten Cru Bourgeois kauft. Jeder bezahlt zu viel, wenn er einen bekannten Grand Cru kauft. So einfach ist die Analyse! Das Auge trinkt mit.

Doch nun eine mögliche Antwort zu der möglicherweise vermindernden Lebensqualität, falls ich auf die Premiers & Co. in Zukunft verzichten müsste. Mein Beruf bringt es mit sich, dass ich jedes Jahr alle wichtigen Bordeaux verkoste. Die Elite ist aber für die Leser (und auch für mich) schon lange nicht mehr so spannend wie die Jahrgangsüberraschungen und neuen Entdeckungen.

Seit mehreren Jahren kaufe ich persönlich keinen einzigen Premier mehr. Natürlich zelebriere ich ältere Flaschen von Lafite, Latour, Margaux & Co. welche ich damals noch relativ günstig kaufen konnte an Degustationen oder ab und zu auch bei privaten Einladungen. Es muss aber nicht immer Kaviar sein…

Ich esse beispielsweise auch nur widerwillig eines dieser langweiligen, meist schwammigen, nahezu aromenlosen Rindsfilets – egal von welchem gehätschelten Tier es stammen mag. Viel lieber mag ich ein wesentlich günstigeres Hohrückensteak. Mein Metzger muss mir dann jeweils ein ganzes grosses Stück mindestens vier Wochen lang lagern. Dann darf er dieses in nicht zu kleine Steaks schneiden, einzeln vakumieren und dann einfrieren. Habe ich spontane Lust auf so ein charaktervolles, geschmacklich intensives Hohrückensteak, dann taue ich es ein paar Stunden zuvor in kaltem Wasser auf und brate es kurz und heftig an. Dazu gönne ich mir nicht selten einen Cru Bourgeois. Beispielsweise einen 2001 Cambon la Pelouse, einen 2002 d’Agassac oder einen 2003 Rollan de By. Und dabei habe ich dann keinen Moment lang das Gefühl zu den Menschen zweiter Klasse zu gehören…  

Mit weinfreundlichem Gruss

René Gabriel, Gunzwil    

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BORDEAUX 2010 – QUO VADIS?

Noch nie war ich so ratlos. Noch nie habe ich in meiner mittlerweile 25jährigen Erfahrung so wenig begriffen. In der Schweiz herrscht Konsumflaute, in Japan gibt es Erdbeben, in Griechenland eine schier unlösbare Schuldenkrise, vielerorts herrschen Kriege, der Euro und der Dollar haben gegenüber letztem Jahr dramatisch an Wert verloren. Doch Bordeaux trotzt all diesen Elementen und lanciert mir nichts – dir nichts den teuersten Jahrgang in dessen Geschichte.

Als privater Investor soll man für den Cos um 300 Franken zahlen. Figeac will von uns 250 Franken. Ich könnte aber auch – statt eine Flasche vom 2010er zu subskribieren – drei Flaschen vom 2008er Figeac für den gleichen Preis kaufen. Bei gleicher Punktezahl und Qualität – nota bene.

Bruno Borie hat den Ducru so lanciert, dass er mich 250 Franken kosten würde. Das ist doppelt so viel wie der 2008er im Handel.

Beim Palmer wird noch unverschämter. Primeur = 325 Franken. Das ist genau gleich teuer wie der heute wunderschön gereifte, perfekte 1989er. 20 Punkte – gut 20 Jahre Differenz.

Weitere dumme Beispiele gäbe es zu Hauf. Von den Premiers hört man nur gerüchteweise von ersten Tranchen, die jetzt dann mit zweiten, dritten und vierten Editionen vermischt werden. Zwischen 1000 und 2000 Franken ist da alles möglich. Ich kaufe dann vielleicht etwas Latour von der 17. Tranche. Dafür sollen jeweils die besten Barriques abgefüllt werden. War nur ein Scherz! Humor ist schliesslich, wenn man trotzdem lacht. Aber man soll die Relationen nie verlieren. Wenn der gesunde Menschenverstand nicht mehr funktioniert, wenn man das Ganze etwas nüchtern betrachten will, dann hilft vielleicht ein kleines Rechenbeispiel.

Nehmen wir mal an, Sie hätten dein Budget von etwa 1000 Franken für Bordeaux 2010. Nun können Sie sich entscheiden, ob Sie eine Flasche La Mission-Haut-Brion kaufen wollen, oder 60 Flaschen vom 2010 Château du Retout. Jenen die sich für die eine Flasche Mission entscheiden wünsche ich, dass diese dann korkt. Rache muss sein!

2010 Château du Retout: Mehr als 80 % Cabernet Sauvignon in der Assemblage die zum Zeitpunkt der Primeurdegustation noch nicht ganz definitiv war. Dies deshalb, weil man den Petit Verdot noch separat ausbaute und noch nicht sicher war, ob man den zum Grand Vin dazu nehmen würde. Er entwickle sich aber positiv, versicherte mir Frédéric Soual. Nun zum genialen du Retout 2010: Bombastisches Cabernetbouquet, viel schwarzbeerige Noten und eine tolle Würze zeigend, die in der Mitte die an Pfefferkörner erinnert, eine defensive Süsse die an Pumpernickelbrot erinnert. Intensive Gaumenaromatik, alles im schwarzbeerigen Bereich, unglaublich tief, sogar ein Hauch Dörrbananen und dunkle Edelhölzer, intensive Tannine die sich reif zeigen und so geben dem Wein eine versprechende, aber auch noble Adstringenz verleihend. Zweifellos der allerbeste du Retout in der noch jungen Geschichte des dynamischen Winzerpaares. Somit auch der gigantischsten Bordeaux-Werte dieser Subskription. Ein schon fast dramatischer Haut-Médoc der sich langsam entwickeln wird und doch schon bald ersten Genuss verspricht. Kann 19/20 erreichen - mit grösster Wahrscheinlichkeit. Das wäre dann in dieser Preisklasse eine noch nie dagewesene Sensation. Nochmals in aller Ruhe auf d'Agassac mit 200 anderen Crus Bourgeois verglichen und degustiert. Die Lobeshymnen sind redlich verdient! 18/20 2018 - 2029

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ROTWEINGENUSS BEI 32 GRAD IM SCHATTEN 

Der Veranstalter warnte mich vor, als ich noch am Wochenende zuvor im Segelschiff auf dem regnerisch-kalten Jsselmeer in Holland fror. Es soll sehr heiss werden an jenem geplanten Montag…

Was tun? Ich war für den reibungslosen Weinablauf zuständig. Gläser, Spuckbecher und schöne Bordeaux sollte ich an jenem Montag nach Basel fahren und zelebrieren.  

Schon am Morgen war es recht warm und alles deutete auf einen rekordverdächtigen Hitzetag hin. Die Rotweine stellte ich alle in meinen Weissweinkühlschrank bei 5 Grad. Den Sauternes legte ich am Mittag in den Tiefkühler. Um 16.00 Uhr stellte ich alle Flaschen in dicke Kartons um die Kühle zu konservieren. Als ich den Belchentunnel verliess, zeigte das Autothermometer 36 Grad! In Basel angekommen, öffnete und prüfte ich die Flaschen und stellte diese im klimatisierten Keller des Gastgebers wiederum in die Kartons. 

Der Apero begann ab 18.00 Uhr mit eiskaltem 1999er Château Climens und dahin schmelzenden Varianten von irgendwelchen Aufstrichen auf dünnen Brotscheiben. Ich wollte ein Schmalzbrot essen, dabei tropfte mir die üppig-fettige Masse durchs Brot auf die Handfläche. Ich war aber erstaunt, dass die Männerrunde dem süssen Barsac-Gold ziemlich kräftig zusprach. Also schienen die Teilnehmer ziemlich hitzeresistent zu sein. Ein gutes Omen! 

Dann servierte ich die erste Rotweinserie in die Gabriel-Gold-Gläser. Die Gläser beschlugen sich sofort, denn draussen war es etwa 32 Grad. Im Glas drinnen wies der Rotwein etwa 12 Grad auf. Aber nicht lange. Ich entschuldigte mich erklärend und riet den Gästen, den Genusspunkt von etwa 17 Grad auf keinen Fall zu verpassen. 

Stellvertretend berichte ich hier vom Erwärmungsprozess von nur einem Wein aus dem tollen Angebot. Jener, der mich am meisten beeindruckte. Nicht primär wegen der hervorragenden Qualität, sondern wie er von der Intensität her von Beginn bis zum Schluss mutierte. Denn der allererste Eindruck vom 1998 Pape-Clément war irgendwie doppelt gekühlt. Einerseits von der Temperatur her, andererseits von der leicht grünlichen Cabernetnote. Dann kamen Cassis, Zimt, schwarze Kirschen, exotische Hölzer, Tabak und Schwarzbrotkruste zum Vorschein. Die Intensität im Bouquet nahm fast sekündlich zu. Immer mehr Aromen traten zum Vorschein, die Nase zeigte sich schliesslich auch fülliger und aromatischer. Als der Wein etwa 17 Grad aufwies, nahm ich einen grossen Schluck. Anfänglich war die Säure noch mit den Tanninen noch nicht ganz verbunden, doch durch die Gaumenerwärmung verschmolzen sich die Elemente, und die Adstringenz verlor die anfänglichen Sehnen und Muskeln und wechselte in samtene Wohlfühltannine.

Ich predige ja schon lange, dass man Rotweine eher kühl servieren soll, damit sich diese im Glas erwärmen können und so nach und nach Aromenstoffe freigeben. Doch eine solch rasante Aromenexplosion von einem so grossen Wein erlebte ich bisher noch nie. Ich erwäge ernsthaft diese Technik für ein mögliches Sommer-Genussprozedere öfters anzuwenden.                         Alle Weine und Notizen auf bxtotal.com   

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Kaltes Fleisch, etwas Käse und roten Wein.

Was so simpel tönt, kann ziemlich komplex sein. 

Vorausgesetzt -man geht dabei etwas in die Tiefe...


TERROIR-GENUSS 

Für richtigen, intensiven Genuss braucht es eine partielle Anwesenheits-Amnesie. Wer analytisch nüchtern ist, der verpasst die liebenswerte Weichheit der Genusskonturen. David Hamilton wusste dies als weltberühmter Fotograf. Was für das Auge gilt, kann man auch für den Gaumen verwenden. 

Warum ich das weiss? Weil ich es immer wieder trainiere – mit allen Sinnen. Vollständiger Genuss ist das Zusammenspiel von autochtonen, nicht kopierbaren Einzelstücken. Die Franzosen haben für diesen Herkunftsschutz den Begriff Terroir erfunden. Andere Regionen schützen sich mit AOC, DAC, AVA, DOC etc. Vor Jahren sah ich grosse Plakate von einem berühmten Schweizer Sportler in einem Bauernhemd mit einem Stück Greyerzer-Käse in der Hand. Als Werbeslogan stand auf dem Foto: «Vergiss nie – woher du kommst!»  

Fragen Sie meine Frau Karin welches mein Lieblingsessen ist, dann wird sie antworten: «Kaltes Fleisch und Käse»! Warum dem so ist? Weil ich dann einen Wein sehr lange geniessen kann, ohne dass etwas vom Essen dabei kalt wird.
Also kann ich; sehr, sehr lange essen ohne Aromenverlust durch Erkälten hinnehmen zu müssen.

Aber bei den kalten «Dingen» schaue ich schon ganz bewusst bei der Selektion, respektive beim Einkauf, was da auf den Tisch kommen soll. Der Käse liegt in der Regel im Weinkeller und das Fleisch nehme ich rechtzeitig aus dem Kühlschrank.  

Heute habe ich mich am Mittag inspirativ auf eine Probe mit jungen Kalifornier Weinen vorbereitet, welche ich am Abend als Referent leiten darf. Und wie bereitet man sich auf junge Weine aus dieser Region vor die Mann zum grössten Teil noch gar nie verkosten durfte?

Möglicherweise mit Internet-Surfen und möglichst viel Informationen über das Dargebotene einholend. Aber das werden die teilnehmenden Degustatoren schon längst für mich erledigt haben. Und – ich will mich ja auch nicht mit on-line-belesenen Teilnehmern konkurrenzieren. Schliesslich lädt man einen solchen Referenten ja ein, weil er in der Erfahrung und im Degustationskönnen eventuell überlegen ist, oder es halt etwas besser rüberbringt als jene Teilnehmer, die eventuell noch besser Verkosten, jedoch nur wenig unterhaltsame Sätze zu diesem Thema in die Runde werfen können. 

Also suchte ich mir eine besondere Flasche von einem gereiften Napa aus meinem Keller aus. Die Wahl fiel auf den 1977 Cabernet Sauvignon Reserve von Robert Mondavi. «Der Gabriel kann gut lachen», werden sich jetzt nicht wenige Leser sagen. Doch – die drei Flaschen die ich besitze, ersteigerte ich mir wie ein normaler Kunde heuer an der Weinbörse in Bad Ragaz und ich bezahlte dafür 130 Franken plus Aufgeld und Mehrwertsteuer. Nicht pro Flasche sondern für drei Flaschen! Sie hätten mich ja überbieten können…

Nicht, dass ich zum One-Man-Lunch grad eine Flasche ganz alleine trinke. Nein – den Rest nehme ich heute Abend mit, um den Teilnehmern zu zeigen, wie ein reifer, grosser Kalifornier schmeckt. Und wie er schmeckt?

1977 Cabernet Sauvignon Reserve Robert Mondavi: Extrem dunkel, aber recht viel Braun im Innern zeigend. Die Nase begann portig, warm und schien «sightly over». Aber das kennt man ja bei alten Flaschen. Man muss halt nur ein wenig warten. Entweder oxydiert er zum Nekrolog, oder er erholt sich. Und weil ich gleich schon zu Beginn so viel Süsse im Untergrund wahrnahm, wusste ich, dass er sich schnell erholen würde. Nach einer halben Stunde waren schwarze Pflaumen da, gebrauchtes Leder, getrocknete Küchenkräuter, Malz und etwas verrückt Minziges darin, recht viele Nuancen vom 45er Mouton zeigten sich dabei. Doch es blieb ein waschechter very-great-Napa durch und durch. Im Gaumen wieder malzig, samtig, füllig lang mit ganz grossen Welt-Cabernet-Allüren. Zugegeben, sehr reif, aber dies hatte ich schon vor 10 Jahren beim demselben Wein vermerkt als ich ihn damals trank und – wie auch heute noch – mit verdienten 19/20 Punkten bewertete.

Dazu ass ich ein Tessiner-Brot, das meine Mutter so innig liebte. Es war auch noch ein kleines Stück Tomme de Vache «Fleurette» von Michel Berroud aus Rougemont übrig. Und ab und zu griff ich zu einer feinen Scheibe vom möglicherweise besten Fleischkäse der Schweiz. Produziert von meinem Schwager Pio Aeschlimann, Metzgerei Aeschlimann Utzenstorf (keine Webseite!). Oder, ich ass ein kleines Stück Stäfeliwurst (0 Ergebnisse im Google) von meinem Ex-Schwiegervater Köbi Müller in Schwarzenberg. Die Metzgerei gibt es seit ein paar Jahren nicht mehr, aber für gute Freunde noch ab und zu ein paar von diesen Würsten. Oder ich schnitt mir eine dünne Scheibe vom Lomo de Jabugo ab. Diesen hatte ich vor ein paar Wochen im Mercat St. Joseph, La Bouqueria an der Rambla in Barcelona gekauft. Und dann wechselte ich zu meinem Lieblingskäse Le Maréchal. Das ist – nur so zum Erklären – der beste Gruyère der Schweiz, der halt eben so nicht heisst, weil es nur eine einzige Käserei in der Schweiz gibt, der diesen phänomenalen Käse herstellt. Jean-Michel Rapin aus Granges-près-Marnand (Waadtland) zeichnet für diesen edlen, gereiften und doch milden, königlichen Hartkäse.

Die Trilogie des Geniessens besteht nicht nur aus Essen und Trinken, sondern auch aus optischen oder allenfalls auch musikalischen Eindrücken. Am Morgen brachte mir der Pöstler ein kleines Paket vom Verlag Weltbild. Darin lag die DVD vom Film «Bottle Shock». Diesen Film sah ich mir im Januar dieses Jahres auf dem Flug von Singapur nach Auckland in Englisch an. Jetzt wollte ich ihn noch in Deutsch erleben, um die Dialoge besser zu verstehen. Es handelt sich dabei um das legendäre «Paris-Tasting». Dabei gewannen die Amerikaner gegen die allerbesten Franzosen. 1973 Château Monthelena holte sich den Sieg bei den weissen Weinen und der 1973 Cask 23 von Stags Leap gewann bei den Roten. 30 Jahre später wiederholte man das gleiche Tasting und die Amerikaner gewannen wieder! Der Organisator dieses legendären Wettbewerbs: Steven Spurrier.

Ueli Prager kaufte von ihm damals den Titel «Académie du Vin» für die Schweiz, den ich für Mövenpick als Job-Hobby ein gutes Jahrzehnt leitete. Ich kenne Steven seit vielen gut 20 Jahren persönlich und dinierte mit ihm schon ein paar Mal in London, sehe ihn ab und zu in Bordeaux und leitete mit ihm in Berlin das grosse, noch etwas weniger legendäre Chadwick-Berlin-Tasting.     

Warum ich Ihnen für einen einfachen Business-Lunch so viele, persönliche Geheimnisse verrate? In einer Zeit, bei der gewisse Menschen fast jeden Tag auf dem Face-Book publizieren, was sie gerade gegessen und getrunken haben? Ehrlicher, richtiger, grosser Genuss kann nie oberflächlich sein. Es braucht dafür Zeit, Musse, Demut und Terroir!

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BORDEAUX 2010: EIN PAAR WICHTIGE REFERENZ-PREISE

Noch sind die Premiers nicht draussen. Auch Las-Cases, Palmer, Angélus & Co. warten noch auf deren Markteröffnung...

Zur Erinnerung hier noch einmal, was ich am 10. April dieses Jahres als Prognose in die Tasten gehackt habe: «Ich erwarte aber keine Preissenkungen gegenüber dem Jahrgang 2009. Also wird das bewährte Motto: «You can’t do it twice» wohl leider nicht respektiert. Und die Châteaubesitzer stehen vor einer Entscheidung zwischen den neuen und den alten Märkten. Ich rechne mit einer sehr chaotischen Primeur-Lage bei der es eine gewaltige Diskrepanz zwischen Siegern und Verlieren gibt.»

Ein paar ziemlich wichtige Châteaux sind in dieser Woche lanciert worden. Ich habe hier mal eine bescheidene Marge von 15 % ausgerechnet und die helvetischen 8 % Mehrwertsteuer draufgepackt und noch etwa 3 Franken für den Import und Zoll addiert. Auch in Euro habe ich das Ganze mit einer Marge von 15 % berechnet. Was so simpel tönt, muss erst mal verdaut werden. Deshalb warne ich alle, die jetzt dann auf die Info klicken. Um das Ganze etwas besser zu verdauen, schlage ich Folgendes vor:

1. Setzen Sie sich auf einen bequemen Stuhl mit Armlehnen!
2. Schnallen Sie sich mit mehreren Gurten an!
3. Besaufen Sie sich so gut es geht!
4. Klick!  

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SILBERMEDAILLE FÜR DIE TOILETTE

Jeder Mensch freut sich über ein Diplom, eine Auszeichnung, eine Medaille. Erfolgreiche Winzer werden geradezu mit solchen schriftlich festgehaltenen, meist A4-grossen Lobeshymnen überhäuft. In der Regel ist dieses Exponat für die Jury, respektive Zeitschrift fast wichtiger als für den Winzer selbst.

Kürzlich war ich bei einem sehr bekannten Winzer im Burgenland. Auch er hatte ganze Wände mit Auszeichnungen aller Art zugepflastert. Es waren so viele, dass sich sogar noch in den Toilettenräumen ein paar davon befanden. 

Ich nehme an, dass es die weniger wichtigen oder gar kurioseren waren. Eine fiel mir besonders auf. Da bekam doch dieser hier nicht genannte Winzer von einer hier nicht genannten Zeitschrift eine Silbermedaile für «Rotweine mit moderatem Alkohol aus gemässigten Klimazonen»!!!

Manchmal ist halt ein Klopapier wertvoller als eine Auszeichnung...

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HABEN SIE SCHON EINMAL GEGUPFT?

Wir sind ja so viel eingeladen und ich muss/darf an so vielen noblen Tischen dinieren und dann auch in oft sehr teuren Hotels übernachten. Also meiden wir privat solche Ausflüge – wann immer möglich.

Denn erstens; schläft es sich zu Hause besonders gut. Zweitens; ist die Küche von Karin und mir auch nicht so schlecht. Und drittens; ist unsere imaginäre Weinkarte eine der besten der Welt. Und erst noch ohne Preise – weil alles schon bezahlt.   


Und trotzdem gönnen wir uns jedes Jahr einen gastronomischen Ausflug und freuen uns wie die Kinder auf das was dort jeweils passiert. Es geht ins Appenzell. Genauer gesagt nach Rehetobel. Genauer zu Manuela und Walter Klose. Noch genauer in den Gasthof zum Gupf. 

So viel Charme, so viel Wohlfühlen, so viel exakte Gastroküche und so viel Weinkompetenz (Dank Sommelier Stephan) findet man nur spärlich. Alles ist landig und nicht überheblich. 

Es kostet was – aber es ist es auch wert. Und wer dann auch noch die Chance hat, eines der wenigen Zimmerchen buchen zu können und dann am reichlich gedeckten Frühstückstisch sitzt am anderen Morgen, der weiss spätestens dann, wenn er vom Auto nochmals einen Blick zurück wirft, dass es in der Schweiz eine Hitparade der schönsten gastronomischen Orte gibt.

Und da figuriert der Gupf für meine Frau Karin und mich an ob erster Stelle.        Infos

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WWW.BXTOTAL.COM IST ONLINE

«Wann erscheint das neue Bordeaux Total?». Das ist eine Frage die mir fast jeden Tag gestellt wird. Ich war auch nicht abgeneigt nochmals ein Buch zu schreiben, aber ich wollte es mit dem gleichen Verlag lancieren, bei dem auch Johnson, Broadbent und Parker sind. 

Aber die Leute von Gräfe und Unzer sahen beim René Gabriel nicht das nötige Potential für eine erfolgreiche Zusammenarbeit. Dabei hätten die ja nur das Buch in Konsignation in den Verkauf nehmen müssen. Lektorat, Layout und Buchdruck hatte ich bisher immer selbst finanziert.

Vor grossen, schwarzen Schunken setzten wir in der Schweiz, Deutschland und Österreich immerhin mehr als 11'000 Bücher ab. Das waren rund 2000 Exemplare mehr, als Robert Parker im gleichen Sprachraum verkaufte. 

Doch der Erfolg hatte auch seine Schattenseiten. Die individuellen Anfragen zu spezifischen Weinen nahmen permanent zu. Beispielsweise ob man den Lascombes 2003 auch heute noch kaufen soll? Ob der 2000 Sociando immer noch so grün sei? Wie lange man den 1998 Ducru dekantieren soll? Welcher 2010er ein Must sei? Und so weiter…

Da haben wir auf der Frageseite eine zu verstehende Neugier – auf der anderen Seite hocke ich stundenlang am Computer und hacke in die Tasten um solche Mails zu beantworten. Ich bin aber eine One-Man-Show! Will heissen, mache praktisch alles selbst was zum Daily-Business gehört und muss mir meine Freizeit – wie Sie wohl auch – permanent erkämpfen. 

Lange habe ich mir überlegt, was ich mit meinem gewaltigen Fundus an Bordeaux-Notizen künftig machen könnte. Ein neues Buch war für mich eh nicht mehr die favorisierte Version, da die Aktualität logischerweise schon kurz nach dem Druck nachlässt. Nicht wenige Weinproben publizierte ich als PDF auf meiner Webseite, doch irgendwie konkurrenzierte ich damit auch den WeinWisser. Warum sollte jemand ein Abo zahlen, wenn er grosse Teile davon bei mir gratis bekam? Zudem haben solche Informationen auch einen gewissen Wert, weil der Leser sich damit Vorteile für sein Einkaufs- und Genussverhalten erschafft. 

Die Welt verändert sich permanent in Richtung elektronischer Medien. Mit dem Laptop kann man sich im ganzen Haus bewegen. Auch im Keller ist in der Regel Internet-Empfang garantiert. Immer mehr Menschen werden sich einen I-Pad für unterwegs anschaffen. Also entschied ich mich für eine langfristige, stets aktuelle Zukunfts-Variante für interessierte Bordeaux-Geniesser: WWW.BXTOTAL.COM

So macht Bordeaux-Surfen Spass! 50’000 ausführliche Verkostungsnotizen der 500 wichtigsten Bordeaux-Weingüter von 1784 bis heute • Bewertungen im 20-Punkte-System • Exakte Angaben von Genussreifen • Suchmasken nach unterschiedlichsten Kriterien • Degustationsberichte von Weltklasseproben • Archiv von Primeur-Fassbewertungen der Jahrgänge 1997 bis 2010 • Praktische Jahrgangstabellen • Einkauftipps von erschwinglichen Crus • Weine des Monats • Gratis-Newsletter • Bevorzugte Möglichkeiten des User für Teilnahme an spannenden Degustationen • Bordeaux-Reisen mit René Gabriel als Reiseleiter… 

Die Entwicklung dieser Webseite hat mich einen neuen Mittelklassewagen gekostet. Also ist es sicherlich fair, wenn ich vom User für die komplette Nutzung eine Tankfüllung verlange. 

So siehts aus hinter den Kulissen      Hier gehts zum Log-In

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BORDEAUX 2010: Max Gerstl und Philipp Schwander streiten auf hohem Niveau

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HOCH DEKANTIEREN

Zu früherer Begebenheit habe ich über das kalte und warme Dekantieren geschrieben. Nun habe ich eine neue Formel definiert: Hoch dekantieren!

Immer wieder werde ich zu spezifischen Weinen angefragt ob und wie lange man diese Dekantieren soll. Die Antwort bleibt immer die gleiche: Ein paar Stunden vor dem Genuss den Wein im Keller öffnen, kurz verkosten und dann spontan und selbst entscheiden, ob man den Wein dekantiert oder ob man ihn für den späteren Genuss in der Flasche belässt. So einfach ist das!

Nicht immer hat man aber diese grosszügige Vorlaufzeit zur Verfügung. Dann muss man halt etwas improvisieren…

Wir treffen uns jeweils zum Kartenspielen. Jeder nimmt «etwas Wein» mit. Da das Kartenspielen jeweils um 15.00 Uhr beginnt und erst nach dem Nachtessen endet, nehmen wir ziemlich viel von «etwas Wein» mit. Es kann ja auch passieren, dass vielleicht ein Wein korkt. So wie gerade beim letzten Mal, als ich den intensivsten Kork meines Lebens roch. Eine Art 20-Punkte-Kork. Einen, den man schon von einem halben Meter riechen konnte. Ohne dass man ihn zu Nase hätte führen müssen. Wenn man ihn aber trotzdem unter die Nasenlöcher hielt und dann kräftig den ausströmenden Miesepeter nach oben zog, dann grauste Einem derart, dass es beide Hirnhälften krauste und fast einen Brechreiz aktivierte. Ein Fehlton, den man vielleicht gar ins Guinessbuch hätte eintragen können. So ein Scheiss-Mega-Korkton! So ein brutaler, fieser Sausack! Ein brutaler Hundling! Wäre dieser Fehlton ein Mensch gewesen, dann hätte man ihn eventuell an den Europäischen Gerichtshof schleppen und anklagen können.

Das erste Mal war ich derart in Rage, dass ich die Flasche hätte in den Arsch treten können, wenn da einer auf der Rückseite der Flasche vorhanden gewesen wäre. So musste ich halt diesem Anti-Genuss-Verursacher in die gehässige Visage blicken, respektive aufs Etikett. Da stand der Jahrgang 2003 und darüber mit goldschwarzem, geschwungener Schrift: Château Mouton-Rothschild. Ich denke, jetzt können Sie meinen Kork-Ärger besser verstehen.

Wenn es ein ganz dezenter, wirklich minimer Kork gewesen wäre, so hätte man zum Joker greifen können. Dann giesse ich nämlich den Wein in eine Karaffe und drehe ich mir aus einer Plastik-Haushaltfolie eine etwa 25 Zentimeter lange Spirale und tauche diese ein paar Mal in den Wein hinein. Nicht zu lange, sonst werden auch die anderen Aromen stumpf. Manchmal hilft dieses Prozedere und der feine Fehlton verschwindet. Sie glauben mir nicht? Nicht lachen – Probieren!

Nun, wie erwähnt standen da einige Trostflaschen zur Verfügung. Ich öffnete den 1988 Château Mouton-Rothschild und verkostete ihn. Leider zeigte er sich reduktiv, etwas erdig und trocken und stallig. Das gibt es oft bei älteren, artisanal vinifizierten Bordeaux’. Früher hat man behauptet, dass dies der explizite Aromenausdruck von Terroir sei. Heute weiss man, dass es sich um unsaubere Noten handelt, die während der Produktion entstanden. Nicht entwichene Böckser, Spuren von alten Fässern, integrierter Luft von stickigen Kellern. Wer weiss was noch. Und genau deshalb dekantierte man früher praktisch alle Weine. Mit dem Luftzutritt gelang es oft, diese Fehler zu absorbieren. Genau so wie man einen Nekrolog eines verstorbenen Menschen liest. Alles scheint da etwas besser zu sein, als zu Lebzeiten. Die Zeit und die Luft heilen viele Wunden.

Aufgrund des ersten Naseneindruckes entschied ich mich den Wein hoch zu dekantieren. Wie das geht? Man nimmt eine Karaffe mit einer möglichst grossen Öffnung. Zur Not kann es auch ein einfacher Krug sein. Dann lässt man den Wein von möglichst weit oben in das Gefäss plätschern. So – dass richtig viel Luft dazu kommt und sich die sich im Innern befindlichen, dumpfen Aromenmoleküle mittels Sauerstoffbläschen aussondern können. Da der 88er Mouton in der Flasche noch mindestens 10 weitere Jahre aushalten würde, übersteht der diese Tortur locker und bereitete nach zwei, drei Stunden dann die von ihm erwartete Genussfreude.

Bevor Sie das nächste Mal einen Wein nach ein paar Sekunden abschreiben, probieren Sie es mit dem «hoch Dekantieren»…      

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SENSATIONELLES DUO: 2004 MISSION UND HAUT-BRION, ZWEI MAL 19/20

Ja - ich meine Beide; den 2004 La Mission und den 2004 Haut-Brion. Es war das erste Mal, dass ich beide nebeneinander verkostete. Oder halt nacheinander. Aber nicht gegeneinander. Gegeneinander tönt immer wie ein Gockelstreit bei dem irgendwann Einer gewinnt und der Andere dann kaputt am Boden liegt… 

Wir waren mit einer kleinen Gruppe unterwegs im Bordelais. Spezialreise! Und da gehört ja auch der Besuch von ein paar besonders namhaften Weingütern dazu. Das Château Haut-Brion kann man momentan leider nicht besuchen. Baukräne zeigen dort an, dass aus verdientem Geld ein noch schöneres Weingut gemacht wird. So fragte ich nach einer Audienz beim wunderschön renovierten Château La Mission Haut-Brion und bekam prompt einen Nachmittagstermin. 

Nach einer eindrücklichen Visite die mit einer Art Info-Messe in der Kapelle begann, landeten wir letztlich im dezent nach Weihrauch duftenden Saal zur Weinprobe. Und dort standen gleich zwei Weine zur Probe bereit. Sie wissen –aufgrund des Titels bereits auch welche zwei es waren. 

Ich bin ja schon lange Fan vom Jahrgang 2004. Einerseits schmecken die besten Weine so herrlich nach ganz grossem Bordeaux. Andererseits sind viele Flaschen noch recht erschwinglich und sind in der Regel ziemlich viel günstiger als die neuen Primeur-Lancierungen. Aber das ist nicht wirklich eine Neuigkeit. Nur realisieren muss man es halt – zwecks möglicher Nachkäufe.  
 
Beim dem erwähnten Vergleich der zwei Pessac-Titanen kommt so richtig zur Geltung, dass der La Mission immer etwas männliche und somit kräftigere Bruder des femininen, finessenhaften Haut-Brions ist. Zu Hause angekommen, musste ich viele Degustationseindrücke von dieser Bordeauxreise in die Accesskartei einfügen. Doch bevor ich anfing in die Tasten hämmerte, suchte ich in Preislisten und im Netz nach zwei Weinen – zwecks Kauf; 2004 La Mission und 2004 Haut-Brion!

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No comment

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In einer Seitengasse in Barcelona entdeckt:
Restaurant Gabriel







Weitere Gabriel-Restaurants gibt es in Wintherthur, Wald, Scuol, Glarus, Schladming, Bordeaux, Göteburg, Almancil, Jerusalem, Beirut, Marietta, London, Berlin, Vilsbiburg, Kalifornien, Riegelsberg, Münster, Denver, Wiesbaden...

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DOPPELMAGNUM-TRAUMA IN VIER AKTEN 

Tolle Jahrgänge, bekannte Etiketten, teure Weine und das alles aus dreilitrigen Doppelmagnumflaschen. Im Prinzip war das eine ziemlich grosse Garantie mit zwei Dutzend Geniessern einen wundervollen Abend zu verbringen. War es aber nicht!  

So viel Pech an einem Abend. Der Wein-Entertainer René Gabriel kam zwischen durch Arg in Nöten und ich musste zuweilen die Weine statt zu beschreiben, irgendwie umschreiben. Dabei fing an diesem Doppelmagnum-Abend im Restaurant Sempacherhof alles so gut an… 

Das grösste Risiko bot eigentlich der 1962 Brane-Cantenac. Doch der zweifellos überreife Wein zeigte Noten von Torf, altem Leder und einer leeren Cigarrenbox. Im Gaumen fragil aber saftig und fast tänzerisch, an einen recht grossen, alten Burgunder erinnernd (17/20). 

Der beste, oder halt schönste Wein der Dreierserie: 1979 Palmer: Intensiv, viel schwarze Beeren, Damassinepflaumen und ein Extrakt mit einer gewissen Cabernetaromatik, was man sich von einem Palmer sonst nicht so gewohnt ist (19/20).

Extrem jung, fast komprimiert mit verlangender Säure und viel rotem parfümierten Beeren; 1993 Château Margaux. Auch nach einer halben Stunde im Glas bewegte er sich noch nicht viel. Die Normalflaschen scheinen da momentan mehr zu gefallen. Trotz dem erstaunlichen Potential für den doch nicht besonders hoch gelobten Jahrgang. Dürfte einer der besten 1993er sein (19/20.

Ich freute mich schon riesig auf die zweite Serie. Der 1989 Pavie war damals unser Hochzeitswein den ich zur Pasta für 100 Personen servieren liess. Ich bin damals fast ausgeflippt. Da war noch so viel himbeerige Frucht drin. Nicht so bei dieser Doppelmagnum: Die war welk, pilzig und mit einem Acetoschimmer ausgestattet. Was sonst gut und gerne ein 19-Punkteerlebniss bietet, punktierte ich demoralisierend tiefer mit (15/20). 

Aber es war ja Trost im Glas neben dran: 1990 Figeac. Ich wusste zwar, dass es manchmal unterschiedliche Flaschen gibt, aber dass dieser klassische Saint Emilion in der Regel eine umwerfend reife Cabernet-Francsüsse bietet, bei dezent rosinigem Ton versteht sich. Doch diese Doppelmagnum war leider «unterschiedlich». Irgendetwas zwischen Zapfen und Kellerseuche. Ich schüttet den Wein dann x-Mal hin und her und er wurde dabei trinkbar. Aber nicht mehr (14/20).

Also Genusspause bis zum Hauptgang. Hier wählte ich drei Cabernet-Sauvignon-lastige Weine vom linken Ufer. Der 1994 Pichon-Lalande war fast super, fast so wie ich ihn in Erinnerung hatte. Aber eben nur fast. Also nicht bei den obligaten 19/20-Punkten landend, sondern, weil irgendwie 1 bis 2 % Kork drin war bei (17/20).

Also nichts wie sofort zum 1995 Léoville-Las-Cases switchen. Doch der hatte keine Lust, war reduktiv, roch nach Mercaptan und Bakelit und zeigte einen wenig interessanten Wettkampf zwischen polarisierender Säure und aufsässigen Gerbstoffen. Das darf doch wohl nicht wahr sein. Als ich dann meine enttäuschende Notiz und Wertung ins Acess einfügte, sah ich, dass ich ihn bisher noch nie höher bewertet habe als mit (17/20). Also aus diesem Hause lieber den 1996er und 1998er kaufen!

Doch dann bereitete ich meinen Gaumen auf einen grossen Schluck vom 1996 Pape-Clément vor, ich roch kurz daran und entschied mich dann sofort nur daran zu riechen. Der Wein korkte. Nicht voll, aber halt doch irgendwie. Keine Bewertung. Es war mir ziemlich peinlich, denn die Gäste hatten für diesen Abend immerhin 550 Franken auf den Tisch gelegt. Das ist zwar nicht wahnsinnig viel, wenn man die Kosten der Weine, das Menu und das administrative Drum-und-Dran auf die netto 24 Personen verteilt, aber trinken möchte man dann halt schon was, anstatt immer nur dem jammernden, sich permanent entschuldigenden  Gabriel zuzuhören.

Ich holte spontan eine Doppelmagnum 2002 d’Agassac nach oben. Der war dann so richtig gut. Nicht teuer, aber dafür darf er doch trotzdem so richtig gut sein. Es war meine Hauptempfehlung an der Mövenpick-Subskription die einen Einkauf von mehr als 30'000 Flaschen bedeutete. Aber davon kann jetzt jede einzelne mit grossem Vergnügen getrunken werden (18/20).

Zum sehr attraktiven Käsebüffet, das von der immer fröhlichen Servicelehrtochter Edith bedient wurde, öffnete ich dann zwei versöhnliche Schluss-Knaller. Links den 1999 Pavie. Der stammte schon aus der neuen Perse-Zeit und war dem entsprechend konzentriert und Fruchtbeladen. Das Holzkorsett streift er wohl just in diesem Moment so langsam ab und so kam diese Granate sehr gut an, was zu einem Stimmungswechsel im Saal führte (19/20).

Beim Glas rechts zitterte ich nochmals. Hatte ich doch am Vortag vom gleichen Wein eine Impériale unter Korkfehler abbuchen müssen. Doch der 2000 Valandraud war genial, rauchig mit viel Kaffee, Cassis und dunklem Malz. Die Moderne schlägt zu aber auf eine sehr gewinnende Art (19/20).

Um meinen Ärger runter zu spülen trank ich um Mitternacht noch ein Weizenbier. Wirklich nur Eines. Am anderen Morgen hatte ich aber dann irgendwie doch nicht das Gefühl, dass es an diesem teilweise verpatzten Doppelmagnum-Abend so wenig Trinkbares serviert wurde.    

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BORDEAUX-PRIMEUR
2010

Es ist angerichtet!

 
Informationen
aus erster Hand.

Voila!

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BEST-BOTTLE-PARTY

Die Formel ist mittlerweile bekannt: Man bestimme ein Datum und eine Lokalität und schreibe den Event aus, indem man Interessenten bittet, eine ganz besondere Flasche aus ihrem Keller für den Event beizusteuern. Es waren zu viele schöne Flaschen und somit auch zu viele Interessenten die einen der 16 Stühle im Restaurant Una Storia della Vita in Sempach-Stadt, im Kanton Luzern ergattern konnten…

Die 16 Weinglückspilze tröpfelten ab 18 Uhr ein und konnten dabei dem Hobby-Sommelier Patrick Bopp zuschauen, der die stehend angereisten Flaschen sorgfältig dekantierte. An der Bar gab es einen Giga-Apero. Was das ist? Einen 1997 Château de Francs Blanc aus einer unhandlichen 18-Liter-Flasche. Dieser leicht grasige, nach frischer Kamille und welkem Sauvignon Blanc duftende Wein, war noch recht präsent und profitierte von der Luft, obwohl er artisanal blieb und somit an frühere Vinifikationszeiten weisser Bordeaux’ erinnerte. Der grosszügige Rest wanderte wieder in den kühlen Frigor. Er kam dann am anderen Tag bei der Doppel-Magnumprobe im Sempacherhof in den Einsatz.

Hier die Wertungen und Genussreifen. Die ausführlichen Degustationsnotitzen folgen auf bxtotal.com

1929 Château Haut-Brion: 18/20 vorbei
1945 Vieux Château Certan: 19/20 austrinken
1949 Château Pétrus: Vandermeulen-Füllung: 20/20 austrinken
1961 Château Ducru-Beaucaillou: 20/ 20 austrinken
1961 Château Mouton-Rothschild: 20/20 trinken
1961 Haut-Brion: 20/20 trinken
1982 Château Mouton-Rothschild: 19/20 trinken
1982 Château Léoville Las Cases: 19/20 trinken
1983 Château Cheval Blanc: 20/20 trinken
1983 Château Palmer: Magnum. 20/20 austrinken
1989 Château Haut-Brion: 19/20 austrinken
1989 Château La Mission Haut-Brion: 20/20 trinken
1990 Château Montrose: 20/20 trinken
1989 Hermitage la Chapelle Jaboulet-Ainé: 19/20 trinken
1990 La Tâche Domaine de La Romanée-Conti: 20/20 trinken
2000 Le Plus de Fleur de Boüard: 20/20 warten
1937 Château Climens: 20/20 trinken 

Die Korkwahrscheinlichkeit ist bei jedem Entkorken dabei. An dieser Probe gab es nuancierte Korkfehler bei Haut-Brion 1961 und La Tâche 1990. Eindeutig korkig zeigten sich der Suduiraut 1937 und der Hermitage la Chapelle 1990. Der Spender vom La Chapelle hatte eine zweite Flasche dabei und wäre spontan bereit gewesen diese auch noch zu entkorken. Und sicherlich hätten alle Teilnehmer just in dem Moment, als wir den Kork beim Verkosten bemerkten gerne einen Schluck aus einer unversehrten Flasche genossen. Doch ich bremste die Idee. Dies aus verschiedenen Gründen:

1. Wer bereit ist eine teure Flasche aus seinem Keller mitzubringen ist nicht verpflichtet eine zweite in Reserve mitzunehmen. Meist ist dies ja eh nicht möglich.
2. Wer an einer solchen Probe teilnimmt – auch wenn es eine Zahlprobe gewesen wäre – geht mit der Zustimmung und Bezahlung des Degustationsplatzes dieses Risiko ein.

3. Solche Spontanübungen beeinflussen den geplanten Zeitablauf. Es bringt eh nichts, einen solch grossen Wein gleich nach dem Entkorken einzuschenken. Man verpasst mit grosser Wahrscheinlichkeit einen grossen Teil der möglichen Aromen, weil der nötige Luftzutritt durchs nötige Dekantieren fehlt.  

Bei so vielen positiven Eindrücken sollte man eigentlich gar nicht mit einer Korkgeschichte aufhören. Aber wenn der geplante Tischwein – immerhin eine Impérialflasche Valandraud 2000 – korkt, dann schlägt es dem Fass halt doch den Boden raus! Diese Information mag jenen einen kleinen Trost bieten die nicht dabei sein konnten. Schadenfreude ist immer noch die grösste Freude!  

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SELTENER JULI & KAFFEE-BINGO

Wie gross ist die Wahrscheinlichkeit dass ein Wein korkt? Analysen gibt es wenig. Schätzungen geben ein Risiko von ca. 2 bis 3 Prozent an...

Im Jahr 2011 findet ein sehr seltener Juli statt! Denn dieser Juli hat fünf Freitage, fünf Samstage und fünf Sonntage. Können Sie sich schon an einen solchen Juni erinnern? Wohl kaum. Also ist dieser Monat in dieser Konstellation eine echte Rarität!

Als ich heute einen Kaffee für mich zu Hause mit der Jura-Maschine raus lassen wollte, stand dort hellgrün mahnend: «Bohnen füllen». Ich griff zum Sack, roch zuerst daran indem ich ihn sanft drückte. Das mache ich immer so, wegen dem nasalen Vorspiel. Und füllte dann - wie es mir die Anzeige befahl - Bohnen auf.

Dann wärmte ich die Tasse vor mittels Heisswassertaste. Nach diesem Prozess schüttete ich das heisse Wasser in den Spültrog und ging zur Jura zurück.
 
Ein weiterer Befehl erwartete mich: «Wasser füllen!» Das ging schnell, weil der Wasserhahn in der Nähe ist und so führte ich den frisch gefüllten Wasserbehälter wieder der Maschine zu und drückte auf den entsprechenden Knopf, um endlich meinen heissgeliebten Morgen-Kaffee geniessen zu können. Alles lief jetzt ordnungsgemäss, wie am Schnürchen sozusagen. 

Als ich schon auf dem Weg ins Büro auf der Treppe war, hörte ich, wie sich die Maschine ungebührlich lang mit dem Entsorgen des Kaffeesatzes beschäftigte.
Um sicher zu gehen, dass da alles in Ordnung sei, kehrte ich zur Jura zurück.
Ein Blick auf das Display forderte mich ulitmativ zu einer dritten Amtshandlung auf: «Trester leeren!». Also gewann ich heute ein sehr seltenes Kaffee-Bingo!        

Da nehme ich doch lieber den seltenen Juli 2011. Ein Solcher kommt nämlich nur alle 823 Jahre vor...  

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CHÂTEAU BATAILLEY 1982 DOPPELMAGNUM

Es gibt drei Stufen beim Altwerden:
Stufe 1: Man merkt, man wird langsam gaga!
Stufe 2: Die Anderen merken es auch!
Stufe 3: Nur noch die Anderen merken es!

Diese Woche bereitete ich die Grossflaschen für den Doppelmagnum-Abend im Sempacherhof vor. Ich fand alle Dreiliterflaschen - bis auf den Batailley 1982.
Diese war nicht zu Hause im Keller, also musste diese wohl im Keller in Zürich liegen. Doch auch dort war diese nicht. Auch nach langem Suchen. Dann suchte ich nochmals in meinem Keller. Doch auch hier war diese definitiv nicht.

Dabei war doch genau noch eine solche im Excel-Inventar und ich konnte mich genau daran erinnern, dass diese immer unten zu Hause bei den diversen Doppelmagnums lag.     

Je mehr ich mich zu erinnern versuchte, kam da eine vage Möglichkeit auf, dass ich diese vielleicht schon bei einer früheren Begebenheit enkorkt hatte. Ich suchte in alten Degustationen und siehe da; an der Impérial-Metzgete im Jahr 2010 erfreuten sich 50 Gäste an diesem wunderbar gereiften Pauillac.

Also muss ich jetzt - für den Doppelmagnumabend - zu einem gebührlichen Ersatz greifen um die Gäste nicht zu verärgern...

Dann setzte ich mich an den Computer und bereitete die Liste für die grosse 1982er-Semester-Probe im Herbst 2012 vor. Plötzlich wurde es mir schlecht. Da entdeckte ich schon wieder eine 1982er Doppelmagnum Château Batailley auf der Degustationsliste. Also muss ich mich auch hier bereits wieder nach einem geeigneten, gebührlichen Ersatz umsehen.   

Ist das bereits die Ankündigung der Stufe 1? Auf alle Fälle habe ich diese Doppelmagnum Château Batailley 1982 jetzt im Inventar gelöscht. Sicher ist sicher!  

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WANN WAREN SIE DAS LETZTE MAL ZWEI STUNDEN MIT SICH ALLEINE?

Mir passiert, am Donnerstagabend vor Karfreitag. Letzteren überlebte ich übrigens völlig fleischlos. Früher war das für mich eine Qual – heute eine Wahl. Die Zeiten ändern sich…

Wir assen draussen, denn es war an diesem Osterwochenende wunderbar warm. Doch plötzlich – weil attraktives Fernsehprogramm drinnen – sass ich ganz alleine draussen. Draussen auf einer bogenartigen Steinterrasse auf einem bequemen Sommerstuhl. Rechts vor mir ein idyllischer Weiher mit permanent quakenden Fröschen die aktiv, klar ersichtlich den Frühling spürten und dies mit heftiger Fortpflanzungsgymnastik lärmig bekundeten. 

Links neben mir - windschützend - ein grosser, verglaster Balkon. Hinten sanfte Musik von meinem Lieblingssender, der DRS Musikwelle. Vor mir döste auf der Gartenmauer der Schwiegermutter-Golden-Retriver namens Cheanie. Noch weiter vorne glitzerte der Murtensee. Dieses ruhige Gewässer reflektierte silbern den hell leuchtenden, jedoch abklingenden Mond.   

Trotz der Frösche, dem Hund und der Musik fühlte ich mich irgendwie alleine, aber mit einem durchaus wohligen Gefühl. Einsamkeit kann nämlich auch Lebensqualität bedeuten. Vielleicht aber nur deshalb, wenn diese nicht permanent vorhanden ist. Vor allem auch, wenn diese spontane Einsamkeit irgendwie rar zu sein scheint. 

Um die Sinne etwas anzuregen, kreierte ich spontan ein neues Mischgetränk. Nicht gerade so polarisierend wie es die Chinesen mit dem Lafite machen. Deshalb wählte ich eine wesentlich mildere Variante; eine Schott-Schorle! Ganz einfach: Man(n) nehme ein Halbliter-Glas und fülle es halb mit leicht perligem Mineralwasser und halb einem Chasselas von Schott.

Und – seit langem wieder – spürte ich Lust eine Zigarre zu rauchen. Die Wahl fiel auf eine Partagas Nr. 4. Das ist einer der besten Glimmer aus dem politisch seltsamen Havannaland. Statt ins Altersheim zu gehen, zügelte nämlich der Raoul im Alter von 82 Jahren noch ins Regierungsgebäude. Dort stimmte das Parlament kürzlich einstimmig der von Raoul vorgeschlagenen Reform der Kubanischen Wirtschaft zu. Einen derartig gewaltigen, defensiv-demokratischen Fortschritt muss man einfach feiern! So nahm ich genüsslich einen weiteren Zug des handgerollten Unikates… 

Bei der zweiten Schott-Schorle entwich ich dem Alltag und fing an zu Sinnieren. Über das Leben und über das Sterben. Letzteres ist mir durch ein paar Verluste in unserer Umgebung wieder einmal mehr bewusst geworden. Am Schwersten fiel mir das Abschiednehmen von Guschti Brandenberg. Noch vor ein paar Wochen rief ich ihn an und lud ihn zum Jassen bei uns ein. Er könne leider grad an diesem Montag nicht, weil er zum Zahnarzt müsse, wegen einem eitrigen Zahn. Aber ich soll ihm immer wieder anrufen, er hätte jetzt viel mehr Zeit. Er konnte damals nicht wissen, dass seine Zeit schon bald ablaufen würde... 

Ich traf mich mit einem Freund an diesem traurigen Donnerstag zum Mittagessen vor seiner Beerdigung. Wir assen etwas und tranken einen Clos Saint Martin 1998. Ich wählte diesen Wein, weil der Rebberg in Saint Emillion direkt neben dem Friedhof liegt. Und weil er Sophie Fourcade gehört und weil ihr Sohn Antoine dort begraben liegt. Gestorben an Krebs im blühenden Alter von 27 Jahren. Weil wir schon in kirchlicher Verfassung waren, entschieden wir uns dann noch für einen Dominus 2002 zum Sauerbraten mit Kartoffelstock. Als der Wirt sich später zu uns setzte, bestellten wir noch einen Grange 1998. Mit diesem himmlischen Wein stiessen wir auf Guschti an, der uns viel zu früh verlassen hat und der uns so viele, unvergessliche Stunden im Restaurant Brandenberg in Zug schenkte. So überstanden wir die Trauerfeier einigermassen. Den Guschti hätte es wohl gefreut…

Am Tag danach, also am Freitag fuhr ich mit Karin nach Deutschland und wir durften dort eine Probe mit 20 Jahrgängen Château Pétrus mitorganisieren.

Am Samstag dann entkorkte Werner Felder in Osterreich 24 Bordeaux’ vom Jahrgang 1996 die ich gerne kommentierte.

Am Sonntag hielt ich mit meinem Partner Siegfried Seidl im Krallerhof die erste Generalversammlung der Gabriel-Glas GmbH. Nach 10 Monaten seit der Gründung, mit allen Entwicklungskosten und den üblichen Auslagen, schrieben wir etwas mehr wie schwarze Null. Hätte ich ehrlich nicht erwartet. 

Am Montag fuhren 50 Weinfreunde zum Weingut Donatsch in den Ochsen Malans und erlebten tolle Weine mit Bündner Spezialitäten. Als Organisator durfte ich die Musik engagieren. Willi Valotti, einer der besten Schweizer Volksmusiker, sagte spontan zu, als ich ihn anrief.

Am Dienstagabend liess der Süssweinfreak Jürg Richter im Lindenhofchäller in Zürich 25 Sauternes vom legendären Jahrgang 1921 entkorken. Ich war der Botrytis-Referent. Das gibt’s nur einmal – das kommt nie wieder!

Am Mittwoch betätigte ich mich als Lehrer für einen Follow-Up-Kurs für die Ausbildung zum Chef de Cave im Weinkeller Mövenpick in Zürich. Zur Degustation; ein Dutzend Bordeaux-Weine aus 12 verschiedenen Appellationen, so richtig nach meinem Entdeckergusto. Dann fuhr ich noch schnell nach Goldau um mit Patrick Bopp und Markus Müller das weitere Vorgehen bei den bald in Erscheinung tretenden «Pinotfans» zu diskutieren. Dies bei einem Glas 2006 Pinot Noir von Bründelmayer (19/20). Was für eine Woche!

Und jetzt war Donnerstagabend und ich war ganz alleine auf der Terrasse. Zwei Stunden lang. Trotz der unglaublich vielen schönen Erlebnisse von letzter Woche wurde ich zeitweilig immer wieder melanchonisch wegen Guschti.

Dagegen half nur eine dritte Schott-Schorle…       

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SAUTERNES 1921, CHARLIE CHAPLIN, ALBERT EINSTEIN  

Unvorstellbar - aber war die drei haben vieles gemeinsam. Was genau verrate ich demnächst auf www.bxtotal.com.  

Es geht dabei um eine legendäre Weinprobe mit 25 verschiedenen Süssweinen des legendären Jahrganges 1921. Aber ganz so geizen willl ich dann doch nicht.
Hier meine bisherigen Erfahrungen mit dem Tagessieger...

1921 Château d’Yquem: Der Tagesieger, mit vielen früheren Eindrücken vermischt. Eine kleine Warnung vorweg: Im Jahr 2004 habe ich eine Vandermeulen-Füllung von diesem sonst legendären Wein verkostet. Dieses «Erlebnis» hielt sich aber in Grenzen: Ein wenig süsser, oxydativer Yquem, der eher in die Kategorie Billig-Sherry gehören würde. Und nach Aussage des Spenders sollen auch andere Flaschen so gewesen sein. Also Finger weg von dieser Händlerabfüllung – trotz legendärem Hintergrund. Zurück zu den Château-Füllungen: Erstmals 1989 an einer Raritätenprobe getrunken: Kaffeebraun mit Rotgold-Reflexen. Kaffeeröstduft, dunkles Caramel und Rum. Im Gaumen getrocknete Rosinen und weisser Port, Säure und Körper in Opulenz einfliessend – ein elixierartiger Spitzenlikör. Wohl dem, der diesen Wein einmal trinken darf. Unvorstellbar, auf Yquem morgens um zehn Uhr bei aufgehender Sonne einen 21er d'Yquem zu trinken. Der Tessiner Raritätenweinhändler Paolo Cattaneo brachte 1993 etwa zwanzig Flaschen alte d'Yquem aufs Château, um diese neu verkorken zu lassen. Spontan entschlossen wir uns, aus einer ganzen Flasche 21er d'Yquem ein Schöppli machen zu lassen, um die andere Hälfte genüsslich zum Aperitif zu trinken: Bernsteinfarben mit orangen Reflexen. Die Nase begann, gemessen an unseren Erwartungen, zaghaft mit relativ wenig Ausdruck. Dann stieg ein leichter Malzton hoch, süss, mit nuancierter Botrytis, Bitterorangen, Kaffee und dunklem Caramel, Spuren von getrockneten Kräutern; Rosmarin und Thymian, gedörrte Feigen. Er ist ein Likörtyp in vollster Reife mit einem verführerischen Finish von türkischem Honig. Trotz seiner Süsse wirkte er nicht fett, sehr nuanciert mit sultaninigem Gaumen. Wenn man nach ein paar Minuten den Mundspeichel trinkt, hat man noch einmal das Gefühl, glasweise d'Yquem zu trinken. Später wieder an der «Parker-100-Probe» in Hamburg geschlürft: Kenner bevorzugen zwar in diesem Jahrhundert bei den älteren Jahrgängen seiner Eleganz wegen den 37er. Im Jahrgang 1921 findet man aber zweifelsohne den perfektionierten Begriff «liquoreux» wieder: Die goldene Farbe hat orange Reflexe. Im Bouquet zeigen sich Mandelgebäck, getrocknete Aprikosen, türkischer Honig und ein zarter Hauch Safran. Im Gaumenspiel wirkt er hocharomatisch mit Bestätigung der Nasenaromen. Ein flüssiger Traumnektar! An der Lafite-Probe 1994 zusammen mit sieben anderen 21ern getrunken: Reifes, cognacfarbenes Gold. Perfekte Botrytis-Anzeige, dezente Süsse im aromengebündelten Bouquet, gedörrte Aprikosen, ein Hauch Safran, Nougat, dunkel geröstete Mandeln und Mocca. Im Gaumen süsser als in der Nasenanzeige, Sultaninen, Trockenbeerenauslese-Aromen, im Konzentrat ein reiner Nektar, ohne jegliche Eleganz zu verlieren, unglaubliche Länge und viel Rückaroma, ein einziger Schluck klingt minutenlang nach. 98: Tiefes Ocker-Braun. Verschwenderisches Bouquet mit pfeffriger, zu Kopf steigender Botrytis, Feigen, Pflaumen und Sultaninen; eine abgeklärte, jedoch gewaltige Süsse in der Nase, ein Hauch Kaffeeröstaromen dahinter. Im Gaumen komplex, sprengt fast alle Süsswein-Dimensionen, wiederum Dörrfrüchte, Feigen und Honig, das Extrakt ist fett und voller Schmelz, der Wein klingt endlos, aber weich aus. Eine Legende! 06: Alberto Francioni öffnete diesen legendären Wein als Abschluss seiner Cheval-Blanc-Probe: Die Farbe zeigte sich wesentlich dunkler als der 1937er Yquem der im Glas daneben stand: Bräunliches Orange mit roten Reflexen. Intensives Aroma, das mit einer trockenen Süsse beginnt, Schwarzteenoten, getrocknete Kamille, Feigen, Kaffee und ein Hauch Curry, dunkles Caramel, fast überkonzentriert. Ein Nektar bei dem es fast willkommen scheint, dass etwas Mundspeichel dazu kommt, damit genügend Saft vorhanden ist, um diesen wohl grössten Yquem der «neueren Zeit» überhaupt schlucken zu können! 11: An der legendären 1921er-Probe von Jürg Richter. Zwei Mal im Glas. Einmal als unbrauchbare, kaputte Vandermeulenfüllung. Diese hatte ich noch nie als honoriges Erlebnis notiert. Also Finger weg! Und einmal als Legende – die Châteaufüllung: Extrem dunkles Braun mit Bernsteinreflexen. Lakritze, Birnel, sehr alter Bual-Madeira, Rosinen, Kakaofett, viel Moccanoten, frisch gerösteter Arabicakaffee. Im Gaumen zwischen XO-Cognac bis genialer TBA ist da Alles drin. Eine unglaubliche, dramatische Essenz und somit ein fraglos historischer Sauternes-Meilenstein. 20/20 trinken 

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FULL-HOUSE BEI DONATSCH

Das war eine Montags-Gaudi! 50 fröhliche Gäste genossen Jung- und Reifweine im Ochsen Malans bei Heidi, Martin und Thomas Donatsch.
 

Gerstensuppe, B-B-B-Bünderfleisch und würzigen Bergkäse. Und Klasseniveau auch bei dier Musik: Willi Valotti. Die Wein-Höhepunkte: 1995 Pinot Noir Spiger aus der 9-Literflasche und 2001 Unique! Letzterer hat nach 10 Jahren beweisen, dass er auf dem richtigen Weg ist. Auf dem Weg zu den allerbesten Pinots der Schweiz.   

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Tausche 6 Gabriel-Gold-Gläser gegen eine Probe mit 20 Jahrgängen Château Pétrus.

Die Details zum Deal mit Frank Sihn (auf dem Bild mit meiner Frau Karin) demnächst auf:
www.bx.total.com


1961 Château Pétrus:
Magnum. Sehr dunkles Granat mit ziegelrotem Schimmer. Ein Wahnsinnskäuterbouquet, getrockneter Origano, ein Hauch Eucalyptus, Irish-Moosnoten, Ricola, Hagebuttentee, unglaublich duftig, mit mittlerem Druck. Dann nahm ich einen recht grossen Schluck (Magnum sei Dank!) in den Gaumen; saftig, lang und tänzerisch, nicht die noch verlangenden, erschlagenden 61er Tannine zeigend, sondern welche, die einfach nur stützen, begleiten und beschwingen, gibt ständig neue Aromen frei und endet mit einer gebündelten, extrem langen malzigen Cassis-Süsse. Eine Orgie von transzendentaler körperlicher Wahrnehmung. 20/20 trinken

 

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BORDEAUX 1996: DIE CHANCEN STEHEN 50 ZU 50

Wer demnächst einen guten bis sehr guten roten Bordeaux’ vom Jahrgang 1996 entkorkt, der kann damit rechnen, dass sich dieser Tropfen in einer gewissen Genussreife befindet. Dies gilt vor allem für etwa 50 Prozent aller bekannten Bordeauxnamen.
Wer demnächst einen ziemlich grossen oder ganz grossen Bordeaux’ vom Jahrgang 1996 entkorkt, der muss damit rechnen, dass er jetzt nur etwa 50 Prozent dessen erlebt, was ihn in einem Jahrzehnt oder noch später erwarten wird.

Fazit einer Probe mit 24 Bordeaux' - organisiert von Werner Feldner:

1996 Château Lafite-Rothschild: verkaufen
1996 Barton und Poyferre: Kaufen

Details folgen im WeinWisser und auf www.bxtotal.com


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Château Gilette

Ein aktives Süssweinmuseum am Kirchengässlein in Preignac 


1937 Château Gilette: Er kam in der Karaffe auf den Tisch, dunkel Bernsteingolden leuchtend. Die Nase duftete nach Caramel ohne Ende, nach Butter, nach dunkel gerösteten Mandeln und nach Hustenbonbons. Im Gaumen wie ein dicklicher Malmsey-Curry daher kommend mit cremiger Länge. Perfekt und dem Yquem 1937 nur ein kleines Quäntchen nachstehend. Die Flasche gelangte aus dem Châteaukeller direkt auf den Tisch. Das waren 50 Meter Luftlinie. 20/20 austrinken

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EGLISE CLINET: DIE LETZTEN FLASCHEN

Zuerst verkosteten wir mit Denis Durantou auf Château L’Eglise-Clinet seine diversen 2010er-Fassproben aus den Appellationen Lalande-de-Pomerol (La Chenade & Cruzelles) dann die beiden Pomerols (Le Petite Eglise & L’Eglise Clinet). Dann lud er ein Dutzend Weinfreunde in die AuBerge Saint-Jean nach Saint-Jean de Blaignac. Ein gut geführtes und noch wenig entdecktes Restaurant, malerisch an der Dordogne gelegen. Nur etwas 10 Kilometer vorbei Saint Emilion entfernt. Ein Tipp für gut-essensgewöhnte Pilger…

Ja - und dann spielte Denis den grosszügigen Gastgeber und amtierte gleichzeitig als Sommelier. In schon fast wehmütiger Art und Weise zelebrierte er seine letzten Flaschen und bescherte dabei den Gästen historisch grosse, ja gar emotionelle Weinerlebnisse.

Die erste Flasche; eine Dame-Jeanne (2.8 Liter Inhalt) vom Jahrgang 1929: Es seien damals drei solche Flaschen im Châteaukeller gewesen, jedoch wären zwei ausgelaufen, ohne dass es jemand bemerkt hätte. Also war das von den dreien die einzige, welche je getrunken wurde. Sehr dunkle Farbe, ziegelrot und brauner Schimmer. Das Nasenbild begann mit Glutamatnoten, dann Rosenholz, Rosinen, Feigen, Hirschleder und getrockneten Pilzen, wie auch frisch geschnittenen Feldchampignons. Im Gaumen die ganz grosse, legendäre Pomerol-Süsse zeigend, viel Fett, was Volumen förderte. Jeder Schluck – eine gute Stunde lang – ein dramatisches, legendäres Pomerolerlebnis der ganz, ganz besonderen Art. 20/20 austrinken

Weiter folgte ein absolut überraschender 1954. Dort stand auf dem Etikett Clos L’Eglise-Clinet: Viel erwarten konnte man ja grundsätzlich nicht von diesem miesen Frostjahrgang. Doch es entpuppte sich ein leicht grasiger Wein mit versöhnlichem Madeiratouch. 16/20 austrinken

Dem 1964 spürte man an, dass er in einem ältlichen Barriquenpark ausgebaut wurde. Doch etwas Luft und Toleranz verhalten hier zu einem sehr schönen Erlebnis. Apropos Luft: Nach zwei Stunden verkostetet ich nochmals den kleinen Rest im Glas vor mir. Die muffigen Parts waren völlig weg und es duftete nach Pflaumen und Kräutern. Also, wer noch hat; sehr lange dekantieren. 19/20 austrinken

Ohne zu dekantieren, schenkte Denis dann die letzte Legende ins Glas: 1955 Château L’Eglise Clinet aus der Magnumflasche. Das war dann die Legende schlechthin: Eine unglaubliche Farbe mit viel schwarzen Reflexen. Im der Nase Pflaumen, Birnel, geröstete Himbeerkerne, dramatische Tiefe anzeigend und daraus Trüffel, Caramel und irgendwie auch Vanillemark schöpfend. Im Gaumen die mundfüllende, üppige und gleichzeitig im Fleisch sehr feste Pomerol-Droge. Das Extrakt reicht für einen minutenlangen Nachklang. Absolut intakt, zeitlos. Die Welt steht still! So viele grossartige Weine durfte ich in meinem Leben schon trinken und hätte mir nicht zu erhoffen gewagt, dass da noch einer, den ich so noch nie erlebt hatte, dazu kommen könnte. Danke Denis für diese letzte Magnum aus Deinem Keller. Oder, um das Motto von einer berühmten Whiskyreklame zu übernehmen: Du hast zwar ein paar Flaschen weniger – aber dafür mehr Freunde! 20/20 trinken

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Gerard Perse
mit einer Flasche 1928 Château Pavie.


1928 Château Pavie: Mit Gérard Perse bei einem Diner auf Monbousquet getrunken. Die Farbe ist unglaublich dunkel, kompakt nur im Innern etwas Braun. Die Nase ist absolut verrückt mit getrockneten Pflaumen, Leder, kaltem Darjeelingtee, Pumpernickelbrot, Irish-Moos, ingesamt sehr konzentriert mit einer trockenen, leicht rauchig wirkenden Süsse im Bouquet. Im Gaumen beginnt der Wein dezent stielig mit einer gewissen Bitterkeit die sich mit einer massiven - jahrgangstypischen Adstringenz vermischt, endete mit Birnel, Feigensirup und Fernet-Branca-Aaromen. Zeigt eine partielle, geschmackliche Affinitäten zum Haut-Brion 1934. Grosser, unsterblicher Pavie der das geniale Alterungspotential der neuen Jahrgänge beweist. 19/20 austrinken

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61 MAL 1961!

Unvergessliche Weinmomente:  Sieben Mal zückte ich die 20-er Karte: Bei Cheval Blanc, Pétrus, Haut-Brion, Gruaud-Larose, Mouton-Baron-Philippe, Gran Coronas Torres und de Fargues.

Zwei Weine wären ebenfalls Maximal-Punkte-Kandidaten gewesen. Doch der Palmer korkte leider leicht und der Latour zeigte deutliche Oxydationsnoten. 
 
Das Drum und Dran und alle Verkostungsnotizen demnächst im WeinWisser und auf www.bxtotal.com

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WWW.BXTOTAL.COM erste Informationen...

Es gibt definitiv kein neues Buch Bordeaux Total mehr. Zumindest nicht in gedruckter Form. Die 7. Ausgabe kommt in ein paar Wochen als Webseite daher. 

Mit folgenden Versprechen: So macht Bordeaux-Surfen Spass!

50‘000 ausführliche Verkostungsnotizen der 500 wichtigsten Bordeaux-Weingüter von 1784 bis heute • Bewertungen im 20-Punkte-System • Exakte Angaben von Genussreifen • Suchmasken nach unterschiedlichsten Kriterien • Degustationsberichte von Weltklasseproben • Archiv von Primeur-Fassbewertungen - bereits inkl. dem neuen Jahrgang 2010 • Praktische Jahrgangstabellen • Einkauftipps von erschwinglichen Crus • Wein des Monats • Gratis-Newsletter • Möglichkeiten für Teilnahme an spannenden Degustationen • Bordeaux-Reisen mit René Gabriel als Reiseleiter…

Der Preis für das Log-In ist noch nicht genau definiert.... 

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BLINDPROBE PAUILLAC 2001

Gewonnen hat ein Pirat, nämlich der Gruaud-Larose aus Saint Julien!

Details bald auf www.bxtotal.com

               18.75  2001 Château Gruaud-Larose
               18.29  2001 Château Pichon-Baron-Longueville
               18.04  2001 Château Mouton-Rothschild
               17.96  2001 Carruades de Lafite Rothschild
               17.96  2001 Château Pibran
               17.93  2001 Château Lafite-Rothschild
               17.68  2001 Château Latour
               17.64  2001 Les Forts de Latour
               17.50  2001 Château Pichon-Longueville (Comt. Lalande)
               17.32  2001 Château Duhart-Milon Rothschild
               17.21  2001 Château Lynch-Bages
               17.18  2001 Château Grand Puy-Lacoste
               17.14  2001 Les Tourelles de Longueville
               17.11  2001 Château Batailley
               16.93  2001 Le Petit Mouton de Mouton-Rothschild
               16.82  2001 Château Lynch-Moussas
               16.79  2001 Château Clerc Milon
               16.39  2001 Château Pédésclaux
               16.29  2001 Château Fonbadet
               16.18  2001 Château d’Armailhac
               15.93  2001 Château Haut-Batailley
               15.36  2001 Château Croizet-Bages 
               Kork   2001 Château Bellegrave
               Kork   2001 Château Pontet-Canet

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Börsentrend für einen berühmten Pauillac:

1996 Château Mouton-Rothschild

Es geht aufwärts!

1996 Mouton-Rothschild: Eine Chronologie von der Fassprobe bis heute:
Hervé Berland, Direktor der Baronnie: «Vom Stil her ist der Mouton 1996 eine Mischung zwischen 1986 und 1988. Nicht gerade diese erschlagende Konzentration innehabend, sondern ein klassischer Mouton mit viel reifer Frucht und viel reifen Tanninen. Zusammengefasst: Il est trés Mouton!». Fassprobe (19/20): Feinstgliedrig nuanciertes Cassisbouquet, zart röstig, viel würziges Terroir, getrocknete Kräuter, ein Hauch Minze, eine sanft buttrige Note, welche die Komplexität dieses Weines unterstreicht. Im Gaumen perfekt balanciert, weiches, reifes, sich fast mollig anfühlendes Tannin, das sich bereits jetzt schon mit der Säure und dem Extrakt verbindet, viel Kaffeetöne, getrocknetes Cassis, Holunder und Black Currant, die Gerbstoffe sind unterstützend, zeigen eine reiche Adstringenz, langes Rückaroma. Arrivage-Tasting im Jahr 2000 (19/20): Konzentriertes, röstiges Cassisbouquet, Brotkruste, Sojanoten, exotische Edelhölzer darin, berauschende Nase, auch wenn der Wein darunter noch sehr verschlossen scheint. Im Gaumen saftig, Amarena-Süsse, weiches, samtenes Extrakt, völlig harmonisch gegliedert, deutlich konzentrierter als der 90er und wesentlich einfacher verständlich als der schwer anzugehende 95er. Zusammen mit dem Jahrgang 1994 ein echter Mouton, wie man ihn eben gerne mag. 02: Aus Angst der normale Tischwein könnte nicht genügen, nahm René Schmidlin eine Jéroboam dieses Weines auf die Bordeauxreise mit. Nun war ich gefordert. Wie integriert man eine 5-Literflasche in ein Menu, bei dem noch so viele, andere schöne Weine kredenzt werden? Oder anders gefragt: Wie verteilt man eine 5-Literflasche, wenn man davon ausgeht, dass für 15 Personen schlussendlich umgerechnet 35 Flaschen zur Verfügung stehen? Ich entschied mich für die Tischweinvariante. Also besass jeder Teilnehmer zwei mittlere Weingläser für die Verkostung und ein grosses Glas, um «edel saufen» zu können. Da ich annahm, dass wir insgesamt rund vier Stunden lang an dieser Grossflasche zu nippen hatten, erschien es mir sinnlos, diesen Wein zu dekantieren, denn ich wollte ihm die Möglichkeit geben, sich uns gegenüber in allen Evolutionsfacetten zu zeigen. Das Erlebnis alleine war abendfüllend: Vom erst fruchtigen Wein mit einem gewaltigen Tiefgang verschloss er sich nach gut einer halben Stunde. Dann benötigte er gut eine Stunde Luft und öffnete langsam, ja sehr gemächlich seine Kämpferfaust. Dieser grosse Mouton trägt sehr vieles in sich, was man von einigen, anderen grossen Jahrgängen dazu addieren oder multiplizieren könnte. Den Tiefgang und die Würze vom 1986er, die Frucht und Feinheit vom 1982er und die Röst- und Kaffeenoten vom 1989er. Auf alle Fälle ist dies ein fraglos genialer Wein, der eigentlich wesentlich mehr kosten müsste, als momentan auf Auktionen gelöst oder bezahlt wird. Also einmal mehr eine Trouvaille, bei welcher viele dann, wenn der Wein erstmals so richtig reif sein wird, meinen: «Damals hätte man halt kaufen sollen». Heute (2005) kostet der Wein auf Auktionen rund 220 Franken. Ich rechne damit, dass er ums Jahr 2010 etwa 500 Franken kosten wird. Also eine lockere Verdoppelung innerhalb der nächsten acht Jahre. Und in weiteren zehn Jahren erreicht dieser Wein vielleicht sogar 20/20 Punkte. (19/20). 04: Die Nase ist unbändig süss, zeigt rahmige Caramelnoten, lädt aus und lebt vor allem von verschwenderisch vielen Cassistönen, Mandelgebäck und Orangeatnoten, Napolitaineskonfekt. Im Gaumen setzt sich diese süsse Fruchtaromatik fort, der Wein ist sehr gebündelt und hat einen enormen Druck im Finale. Im Moment weiss er – durch seine offene Aromatik – mit seiner Aromenorgie gewaltig zu gefallen. 06: Was mir nicht in den Kopft geht ist, dass Moouton 1994 und 1995 verschlossener sind. Dieser hier macht jetzt schon viel Freude! Immer noch eine sehr tiefe Farbe zeigend, Granat-Lila, keine Reifetöne. Die Nase ist würzig, süss, zeigt viel Rösttöne, Cassis und Mokka. Im Gaumen erstaunlich zugänglich, fette, rollende Tannine, die Aromatik spielt sich blau- bis schwarzbeerigen bereich ab, das Finale gebündelt und wieder mit der klassischen, ja berauschenden Mouton-Süsse – als Cabernet-Erotik pur! 07: Was unterscheidet diesen Mouton von seinem eigenen 95er? Während der letzt genannte sich immer noch sehr verschlossen zeigt, ist dieser gleich zu Beginn weg mit einem grossen Auftritt so richtig «Mouton»! 08: Sicherlich noch zu jung, aber trotzdem ist er eine Sünde wert und zeigt viel Süsse, reife, warme Cabernetaromen. 08: Momentan in einer geilen Moutonsüssen Phase. Hemmungsloser Pauillac-Junggenuss. 09: Weich und anschmiegsam, mit verschwenderisch vielen Röstnoten. 10: Scheint sich zu verschliessen. Die Flasche die wir in Hergiswil tranken, war etwas sperrig und zeigte mehr Muskeln als bisher. 11: Ich dekantierte eine Magnum 4 Stunden. War aber sinnlos. Am besten lässt man diesem grossen Wein jetzt seine Reduktionsruhe.             19/20 2013 - 2030 

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WELCHER 1998-BORDEAUX IST DER BESTE?

Angelus, Ausone, Cheval Blanc, Clerc Milon, Clos l'Eglise, La Conseillante, Ducru-Beaucaillou, L'Eglise Clinet, Haut Brion, Margaux, Mission-Haut-Brion, Monbousquet, La Mondotte, Mouton Rothschild, Lafite Rothschild, Latour, Léoville Barton, Léoville Las Cases, Palmer, Pape-Clément, Petit Village, Petrus, Pichon Baron oder Smith-Haut-Lafite. 

Fragen Sie nicht mich! Ich wäre an diesem Tasting als Referent engagiert gewesen. Und die Taverna-Bude in Twann war brechend voll. Und Yves Beck bereitete liebevoll seit Monaten die entsprechenden Flaschen aus seinem Keller vor. Am Freitag degustierten wir noch gemeinsam 50 verschiedene 1971er. Und am Samstag waren wir noch zusammen beim Treberwurstessen im Schlössli in Schafis.

Doch am Sonntagmorgen verabschiedete sich mein Geschmacksempfinden in Folge einer Erkältung auf unbestimmte Zeit. Die Nase verstopfte sich und liess hartnäckig keine Aromen mehr durch. Verzweifelt trainierte ich immer wieder. Mal schraubte ich die grosse Currypulverdose auf und versuchte die Gewürzmischung zu definieren. Dann drückte ich am grossen Kaffeebohnensack und blähte meine Nüstern. Schliesslich drehte ich die Pfeffermühle um und schnüffelte am Peugeot-Mahlwerk. Ich trainierte am Mittag vor der Degustation noch mit einem Grünen Veltliner Frauenweingärten von Pichler und mit einem Pinot Bovel von Daniel Marugg. Nichts!

Schweren Herzens sagte ich meinem Freund Yves dann ab. Ich kann nicht zusehen, wenn sich andere Weinvergnügen. Am Nachmittag griff ich - sozusagen als letzte Rettung - zur Wunderdroge: Ein heller Schweizerkaffee mit einer dreifachen Ration Morand Williams sollte es vielleicht noch richten. Von den fehlenden Aromen her ein Fiasko - aber wenigstens war die Wirkung tröstlich... 

Ich legte mich zum Mittagsschlaf hin. Als ich erwachte, machte ich nochmals meinen verzweifelten Gewürz-Nasen-Rundgang. Doch jetzt waren die Aromen plötzlich da. Nicht ganz aber - doch spürbar. Sofort rief ich meinen Freund und Arzt Peter Krummenacher an und fragte ihn nach einer Nasen-Doping-Droge. Er meinte ich soll in jedes Nasenrohr zwei Hübe NASONEX sprühen. Zufällig befand sich dieses Medikament in Karin's Apothekenkasten. Und nach dem empfohlenen Vorgang ging ich nach draussen an die kalte Luft und fühlte mich wieder degustationsbereit. Will heissen, ich rief meinen Freund Yves an und sagte, dass ich jetzt dann doch an der 1998er-Weinprobe in Twann erscheinen würde...     

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Immer im Frühling öffnet Yves Beck etwa zwei Dutzend Weine eines tollen Bordeaux-Jahrganges...

DIE KLEINSTE APPELLATION GEWINNT DAS 1998ER-RENNEN
 
Wenn der Berg eine Maus gebärt! Das ganze Bordelais umfasst etwa 120'000 Hektaren. Pomerol ist gerade mal rund 800 Hektaren klein. Also entspricht diese noble Mini-Appellation weit weniger als einem Prozent der gesamten Rebfläche. Und ausgerechnet hier sind im Jahr 1998 die allerbesten Weine entstanden!

Es war halt primär ein Merlot- und Cabernet-Franc-Jahrgang. Trotzdem gibt es am linken Ufer (Médoc und Graves) ebenfalls grossartige Weine. Diese sind aromatisch und im eigentlichen Sine klassisch. Und von klassisch spricht man in der Regel, wenn die Weine:
a): von einem leicht grünlichen Cabernetton begleitet sind und
b): zwar stützende Gerbstoffe aufweisen, die Weine aber oft etwas muskulös daher kommen und somit – besonders im Vergleich zu den anderen Weltklasseboliden – eher leicht erscheinen.

Und genau so lieben halt echte Kenner die beruhigenden Rotweine die in den Rebbergen zwischen der Gironde und dem Atlantic entstehen. 

Doch zurück zu den Topweinen – ins Libournais. «Die heissesten Values sind L’Eglise-Clinet und Pétrus», schrieb ich im Primeurbericht vor mehr als 10 Jahren. Und die damaligen Barrique-Stars geben auch heute noch den Ton an. Beide erreichten an der von Weinfreund Yves Beck in der Taverna Romana in Twann organisierten Degustation die Maximalnote! 25 grosse Bordauxnamen standen auf der Verkostungsliste. Einer war unsauber. Dies leider nicht zum ersten Mal: Also muss man hinter den 1998er Léoville-Barton leider definitiv ein Fragezeichen setzen.

Und noch berühmterer Wein aus Pauillac rettete sich aus dem Wettkampf mit Korkgeschmack. Zu gerne hätten die Teilnehmer gewusst, ob sich der mittlerweile teuerste Premier-Grand-Cru gegen seine Konkurrenz behauptet hätte. Die Chancen wären gut gewesen, denn als ich den Lafite-Rothschild 1998 vor zwei Jahren degustierte, bekam er Notiz, die auf den möglicherweise besten Rotwein des Médoc’s hinweist: Sehr dunkles Granat mit schwarzen Reflexen. Warmes, offenes Bouquet, frische, reife Pflaumen, Amarenakirschen, dunkles Malz, Zimt, Peru-Balsam und Guinesstouch. Samtig mit velours-artiger Textur, weich und anmutig, erste Reife und durch die tolle Konzentration und die noch weiter stützenden Tannine auch weitere Reserven zeigend, endet mit einer gehörigen Portion Havannatabak. Einfach genial, jetzt und die nächsten 25 Jahre! Dann kann er sogar 20/20 erreichen.

Mehr bald auf der neuen www.bxtotal.com und WeinWisser.

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GANZ TOLLE 1971ER

Natürlich ärgerten wir uns an der Raritätenprobe im Waldhaus Risch über ein paar, glücklicherweise wenige korkige Flaschen, sowie ein paar Weine die den Zenit deutlich überschritten hatten. Ein gutes Drittel zeigte mehr Nase als Gaumen. Auch ein Zeichen dafür, dass jene Flaschen vor ein paar Jahren, respektive Jahrzehnten wohl mehr Genuss geboten hätten. Die Hälfte aller Weine bot jedoch echten Genuss und es waren ein paar vermutete, aber dann doch in dieser grossartigen Form unerwartete Weltklasseweine dabei. Ein halbes Dutzend Magnumflaschen, eine Doppelmagnum, eine Galone Chianti eine wunderschöne Impérialflasche Château Poujeaux, die am Abend als süffiger Tischwein diente. 

Normalerweise wird ja behauptet, dass im Bordeaux die Merlot-lastigen schneller reifen wie die Cabernet-Blends. Weil die Weine aus dem Libournais, besonders aus Pomerol beim Jahrgang 1971 generell besser und auch konzentrierter als die Médoc’s ausfielen, ist es hier für einmal genau umgekehrt. Nach 40 Jahren eigentlich eine kleine Sensation.

Die wirkliche Sensation: 5 Weine erreichten 20/20. Drei Pomerol, ein St. Emilion und eine deutsche Trockenbeerenausleese. Aber - all diese Weine sind rar und supertreuer. Aber es gibt eine 19-Punkte-Empfehlung: Kaufen Sie 1971 Palmer!
 
Mehr später auf der neuen www.bxtotal.com und WeinWisser.

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KAUFEMPFEHLUNG 1996 POUMEY

Dieser rote Pessac-Légonan zeigt eine unglaublich junge Farbe, mit immer noch violetten Nuancen. Geballtes Heidelbeer- und Brombeerbouquet, dezent laktisch, nach 15 Jahren in der Flasche überwiegt immer noch die Frucht. Im Gaumen fleischig mit reifen, leicht sandigen Tanninen, viel Pessac-Tabak und Lakritze im Finale. Ein kleiner Pape-Clément und genau dort wurde der Wein auch vom gleichen Team vinifiziert. Suchen, kaufen, trinken. 18/20 trinken – 2024

Am gleichen Abend degustierten wir noch andere, wesentlich ältere Weine aus derselben Appellation. Mehr darüber im WeinWisser und bald auf www.bxtotal.com 

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Eine teuere Flasche korkt!

Damit Sie sich nicht ärgern, habe ich hier die passende Lösung!

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DANKE PEPI

Als wir im Jahr 1990 erstmals die Wachau pilgerten, machten wir noch einen Abstecher ins Burgenland um ein paar Rotweinwinzer zu besuchen. Bereitwillig bekamen wir dort Kostproben der ersten, versprechenden Versuche, für möglicherweise auffallende Weine Made in Austria ins Glas.

«Burgund ist mein grosses Vorbild und ich setze in Zukunft viel Erwartungen an den Pinot», meinte der Winzer, als er mich bat, seine ersten Burgunderversuche zu kommentieren. 

Zu diesem Zeitpunkt waren wir bereits per Du. Wir liebten beide Wein und verstanden uns sofort. Und so vertrug er auch meine ernst gemeinte Kritik: «Du wirst Dir am Pinot die Zähne ausbeissen. Die Differenz von dem was Du das produzierst und dem Burgund ist zu eklatant. Versuche doch Dein Glück mit heimischen Rebsorten und ergänze diese mit etwas populäreren, internationalen Trauben. Wenn der Cabernet halt nicht immer gelingen kann, so ist der Merlot sicherlich ein attraktiver Pate».

Erst war er etwas erbost, doch ein paar Jahre später, zeigte er mir Weine, die nicht nur um Längen besser waren, sondern auch sofort zu den Spitzenweinen Oesterreichs zählten.

Als ich ihn das letzte Mal im Weingut in Mönchhof sah, kam er gerade von seinem Anwalt. Sie hätten gerade das Testament gemacht um die Zukunft zu regeln. Er wusste da schon seit langer Zeit, dass er sehr krank war und dass es wenig Hoffnung gab. Aber er kämpfte jahrelang - leider vergebens. Nun ist Josef Pöckl im Januar gestorben. Er hinterlässt viele grossartige Weine zu seiner Erinnerung.
Und wer ihn nicht kannte, der ist sicherlich schon dem markannten rot-schwarzen Etikett irgendwo begegnet. Zu seinen Ehren trinke ich heute Abend einen 1999er Admiral. Danke Pepi!   


Ein grossartiger Winzer ist von uns gegangen:

Josef Pöckl

1999 Admiral Pöckl Mönchhof, Neusiedlersee; Tiefes, fast schwarzes Granat. Perfektes Bouquet, wer daran riecht wird automatisch faszinierend berührt, Vanilleschote, Brombeeren, Teakholz, Kaffee und reife Pflaumen – ein absoluter Wahnsinn. Im Gaumen viel Saft und mollig rollende Tannine, frisch fermentierter Tee, Irish-Moos, Lakritze reife, aber doch intensive Gerbstoffe und auch in Finale ein unvergesslicher Weintraum. Austria's Best! 19/20 trinken – 2010

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     Besser als andere Programme
     rund um den Wein...

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18 TAGE OFFLINE

Den Computer liess ich schon im Vorfeld zu Hause. Doch das Handy wäre dabei gewesen. Als ich es aber in Auckland einschalten wollte, fing ich an zu rechnen…

Morgens jeweils aufstehen, packen, frühstücken und wegfahren. Da wäre es in der Schweiz etwa zwischen 20 bis 22 Uhr gewesen. Also hätte ich früher aufstehen müssen, um abends noch ein paar Europäer zurückrufen zu können. Alles eher im Privatbereich, weil alle schon längst die Arbeitsstelle verlassen hätten.

Blieb also nur noch der Abend um per Funkkontakt die andere Seite der Welt zu erreichen. Idealer Zeitpunkt wäre 9 bis 11 Uhr. Doch das sassen wir meist am gemütlichen Abendtisch mit Reiseteilnehmern oder Freunden oder halt nur zu Zweit.

Blöd – genau 12 Stunden Zeitdifferenz zwischen der gewohnten Welt und New Zealand.

Also beschloss ich, das IPhone nicht zu aktivieren und liess es in der Folge ausgeschaltet. Sorry für alle, die versuchten mich zu erreichen.

In den jeweiligen Hotelhallen wäre es problemlos möglich gewesen, schnell ins Netz zu gehen um per Bluewin-Portal zur Mailbox zu gelangen. Es war jedoch richtig erholsam, einfach mal offline zu sein und die Ferien so richtig ohne verbindende Elektronik zu geniessen.

Natürlich muss ich jetzt dieses schändliche Vergehen empfindlich büssen: Bündelweise Post (meist Rechnungen) sind aufzureissen und zu erledigen. Ein grosser Stapel Tageszeitungen wartet aufs Nachlesen. Ich lese jetzt jeweils täglich zwei alte und die aktuelle Zeitung in den nächsten 8 Tage. 310 Mails auf dem Mövenpick-Server und 283 Mails auf dem Weingabriel-Outlook warten in den nächsten Tagen auf ein Gabriel-Feedback. Das schaffe ich bis Freitag.

Dann fahren wir nämlich in die Skiferien nach Mürren. Dort bin ich dann online! Aber nur gelegentlich. Und das Telefon nehme ich nie ab, wenn ich auf dem Sessellift sitze. Also wählen Sie den Zeitpunkt genau, wenn Sie mich anrufen…


Gemütlicher Business-Holiday-Lunch im Scenic-Cellar am Lake Taupo in New-Zealand.

Da war es in der Schweiz genau Mitternacht...

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EIN 1955ER ABEND – GEFEIERT VON EINEM 1956ER

«Il faut faire les enfants dans les petites années – et les avoir dans les grands millésimes!», so die Theorie von Jean-Paul Gardère.
 
Der legendäre, ehemalige Kellermeister von Château Latour war also fest davon überzeugt, dass man die Kinder in den schwierigen Jahren zeugen soll, damit diese dann in einem grossen Weinjahrgang zur Welt kommen…

Doch, es gibt ja bekanntlich keine Regel ohne Ausnahme. Bei Weinfreund Bernd Neuhaus ist es gar umgekehrt. Er ist in einem frostig-schlechten Jahr zur Welt gekommen: 1956. Aber gezeugt wurde er in einem ganz grossen Weinjahr. Also kann dies durchaus als Basis für eine spezielle Geburtstagsfeier dienen. Und weil er grad an diesem 18. Januar seinen 55igsten Geburtstag feierte, liess er eine Batterie 1955er öffnen. Alle aus dem Bordelais, in allen Schattierungen. Weiter...

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85ER LÉOVILLE LAS-CASES FÜR 85 PERSONEN

Manchmal ist es halt doch ein bisschen zum Neidisch werden. Da habe ich doch nur noch eine einzige von den ehemals 120 Flaschen 1985 Léoville Las-Cases im Keller. Dabei ist das doch auch heute noch einer der allerbesten Weine dieses Jahrganges. Und da freut man sich halt jedes Mal wie ein kleines Kind, wenn man wieder einem grossen Schluck von diesem genial gereiften Saint Julien begegnet.

85 Gäste sassen erwartungsvoll im auf nobel gestylten Schulungsraum der Linden- Apotheke in Schöftland und ich durfte nicht nur vortragen, sondern auch mittrinken. Dies, weil meine liebe Gattin Karin den Chauffeuse-Part übernahm und ich dann in der Folge und Auswirkung von so vielen Las-Cases-Schlucken, von den insgesamt neun präsentierten Jahrgängen, ihre Heimfahrt aktiv bewerten kommentieren durfte....

1993 Château Léoville Las-Cases: 16/20 austrinken 
1997 Château Léoville Las-Cases: 18/20 trinken
1999 Château Léoville Las-Cases: 18/20 trinken
1985 Château Léoville Las-Cases: 19/20 trinken
1986 Château Léoville Las-Cases: 19/20 beginnen
1988 Château Léoville Las-Cases: 18/20 trinken
1990 Château Léoville Las-Cases: 18/20 austrinken
1995 Château Léoville Las-Cases: 17/20 warten
2000 Château Léoville Las-Cases: 20/20 warten

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MOUTON & CO IM OLD SWISS HOUSE

Das erste Glas sah aus wie abgestandenes Rostwasser. Doch das Bouquet zeigte sich delikat mit süssem Madeiraduft und Noten von Spanischem Brandy und es duftete herrlich nach Rosenholz im sehr vielschichtigen Bouquet. Der Gaumen ziemlich fragil, doch auch hier eine feine Süsse zeigend, Alpenkräuternoten und somit ein unerwartet grosses Altweinerlebnis bietend. Es war wohl einer meiner besten Weine dieses selten anzutreffenden Jahrgangs. Wen wundert’s – es handelte sich um den 1924 Château Mouton d’Armailhacq.

Später hiess der gleiche Wein dann Mouton Baron, als die Frau von Baron Philippe (Pauline) starb, stand eine zeitlang Mouton Baronne auf dem Etikett. Seit 1989 heisst der gleiche Wein wieder d’Armailhac, diesmal ohne das frühere «q» am Schluss. 

Am traditionellen Mouton-Abend im Old Swiss House gab es wie immer Enttäuschungen und Überraschungen. Bei den letzteren war es ganz sicher mal der übersüsse, füllige Mouton Baron 1962 und meine bisher beste Flasche Mouton 1993, aus der Magnum serviert. Dieser scheint in einem aktuellen Zwischenhoch zu sein. Also köpfen! 

Toll auch der Tischwein, der zu Beginn zäh floss und sich dann die Crew über die letzten Resten her machten. Den 2003 Château Haut-Bages-Libéral servierten wir als sechstes Glas aus der Impérialeflasche. Fast schwarz in der Farbe. Trocken im ersten Ansatz mit speckigen Rauchnoten und viel schwarzen Beeren. Im Gaumen kompakt, dicht und sehr fleischig. Wie viele andere Weine des gleichen, heissen Jahrganges nicht mit allzu viel Bordeauxtypizität, aber hier denke ich dass das schon noch kommt. 18/20 

1924 Château d’Armailhacq: 18/20 austrinken
1962 Château Mouton-Baron: 19/20 austrinken
1966 Château Mouton-Baron 16/20 vorbei
1967 Château Mouton-Baron: 17/20 austrinken
1975 Château Mouton-Baronne: 17/20 austrinken

1986 Château Clerc-Milon: Kork!
1989 Château Clerc-Milon: 18/20 trinken
1990 Château Clerc-Milon: 19/20 trinken
1992 Château Clerc-Milon: 16/20 austrinken
1995 Château Clerc-Milon: Kork!

1970 Château Mouton-Baron, Magnum: 14/20 vorbei
1966 Château Mouton-Rothschild, Magnum: 18/20 austrinken
1983 Château Mouton-Rothschild, Magnum: 19/20 trinken
1993 Château Mouton-Rothschild, Magnum: 18/20 austrinken
1996 Château Mouton-Rothschild, Magnum: 19/20 warten

1967 Château Mouton-Rothschild: 17/20 austrinken
1970 Château Mouton-Rothschild: Keine Bewertung.
1972 Château Mouton-Rothschild: 14/20 vorbei
1985 Château Mouton-Rothschild: 18/20 austrinken
1995 Château Mouton-Rothschild: 19/20 warten

Ein aktiver Mailverkehr mit Herr C.D. aus E. am Rande dieser Weinprobe... Hier

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VOGELSTERBEN AUFGEKLÄRT

Der plötzliche, mysteriöse Tod von Dutzenden von Staren in Rumänien ist aufgeklärt.


Die Vögel starben an einer Alkoholvergiftung! Die Analyse ihres Mageninhalts habe ergebenen, dass sie die bei der Weinproduktiona anfallenden Traubenreste gefressen hätten.

Also gilt die neue Faustregel: Wer trinkt, sollte weder fahren noch fliegen...  

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Wie degustiert man richtig im Restaurant?            Hier

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NEUER PREIS FÜR EINE BESONDERE BLINDPROBE

Die Idee schwirrte mir schon lange im Kopf herum. Ich möchte einmal alle drei Premiers aus Pauillac mit der Konkurrenz aus dem eigenen Haus und der eigenen Appellation antreten lassen. Der Jahrgang 2001 schien mir geeignet. Nach 10 Jahren trennt sich schliesslich die Spreu vom Weizen.

Baschi und ich vereinbarten einen Termin (15. März 2011) und stellten die Kosten zusammen. Ein schönes Menu, alle Weine, die Mehrwersteuer und einen bescheidenen Beitrag für den Aufwand.    

Wir staunten nicht schlecht, als wir die Aufwandsumme durch die mögliche Anzahl Teilnehmer teilten. Doch ich setzte den Event mal ins Netz und es tröpfelten bereits erste Anmeldungen herein.

Irgendwann kam mir die Idee, dass ich einen Bettelbrief an die betrefffenden Weingüter machen könnte und so fragte ich (die meisten Verantwortlichen in Bordeaux kenne ich ja) höflich an, ob man bereit sei für die betreffende, spannende Probe eine Bouteille - so zu sagen als Werbezweck - zu opfern.

In der Folge erhielt ich viel kleine Pakete aus Pauillac und so ist es jetzt möglich, die gleiche Probe nicht für CHF 550, sondern neu für CHF 380 anzubieten. Das ist die gute Nachricht!

Die Schlechte: Der Event ist ausgebucht! 

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11.1.11

1934 bis 2005

Ein unglaublicher Dienstag mit guten Freunden

LICENCE TO CHILL

Dabei handelt es sich um eine wesentlich friedlichere Variante im Verhältnis zur James Bond Vision «Licence to kill».
Es geht also nicht darum möglichst viele Menschen zu killen, sondern bei  möglichst vielen schönen Flaschen zu «chillen»…


Der Begriff stammt aus dem Englischen und wird u.a. als entspannt rumhängen definiert. Das habe ich an diesem Dienstag tatsächlich getan. Vielleicht in einer leicht abgeänderten Form: wenig schreiben – viel geniessen!

Weinfreund Bernd Neuhaus wollte unbedingt eine Jéroboam Mouton 2000 öffnen. Zuerst galt es ein Datum (11. Jan.) und einen Ort (Braui Hochdorf) zu fixieren. Dann kam recht schnell die Einsicht, dass es dazu mehrere Leute brauchen würde.
Und wenn es schon mehrere Leute braucht, so könnte doch jeder auch gleich noch eine schöne Flasche mitbringen. Und weil wir ja jeder für sich sylvesterte, könnte man ja bei dieser Gelegenheit gleich gemeinsam auf das neue Jahr anstossen und somit eine der möglicherweise besten Flaschen aus seinem eigenen Keller mitbringen.      

Jetzt stellen Sie sich mal vor, Sie hätten da aus dem Keller die letzte Flasche Léoville Las Cases 1982, einen Latour 1982 oder einen Margaux 1990 mitgenommen und... die Flasche hätte gekorkt! Oder der 1955 Cos d’Estournel wäre komplett oxydiert gewesen. Das ist am diesem chillenden, laaaaaaaaangen Dienstagmittag tatsächlich passiert. Doch es gab sensationellen Trost in Hülle und Fülle… 

1934 Château Haut-Brion, Pessac-Léognan: 20/20
1947 Château Cheval Blanc, Saint Emilion, Vandermeulen: 18/20
1971 Château Pétrus, Pomerol: 20/20
1982 Château Pichon Comtesse-de-Lalande, Pauillac: 20/20
1982 Château Cheval-Blanc, Saint Emilion: 19/20   
1983 Château Margaux, Margaux: 20/20
1986 Château Mouton-Rothschild, Pauillac: 20/20
1989 Château La Mission Haut-Brion, Pessac-Léognan: 20/20
1989 Château Haut-Brion, Pessac-Léognan: 20/20
1990 Château Le Pin, Pomerol: 19/20
1990 Château Montrose, Saint Estèphe: 20/20
2000 Château Mouton-Rothschild, Pauillac: 20/20
2005 Château Ausone, Saint Emilion: 20/20 

Und wenn ich mich jetzt für den allerbesten Wein entscheiden müsste, so war dieser bei der obigen Liste noch gar nicht dabei. Denn zum Abschluss funkelte dunkel, braungolden der 1929 Château d’Yquem im Glas. Im Prinzip einer der allergrössten Sauternes des betreffenden Jahrhunderts. Auch wenn – aus gleichem Hause – oft andere Jahrgangsfavoriten genannt werden. Wer dieses Elixier im Glas hat, wägt nicht mehr ab und Vergleiche werden sinnlos. 20/20    

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CHÂTEAU LAGRANGE: EINE TRILOGIE AUS CS, ME & PV 

Alles schön der Reihe nach. Château Lagrange gibt es zwei im Bordelais. Beide schreiben sich genau gleich. Ein ganz kleines liegt in Pomerol und ein ganz grosses befindet sich in Saint Julien. Mit einer Rebfläche von 115 Hektaren ist die Japanische Santory-Groupe im Jahr 1983 Grossgrundbesitzer im Bordelais geworden. Wie man sich das vorstellen soll? 700'000 Flaschen verlassen jährlich die Domaine. 400'000 Bouteillen als Zweitwein (Fiefs de Lagrange) und 300'000 Unikate tragen den Namen: Château Lagrange. Das macht Bordeaux so einzigartig. Viel Wein in einer hohen Qualität. 

Auf dem Terroir sind lediglich drei Rebsorten für den Rotwein angepflanzt. «Mit dem Klimawandel setzen wir wieder vermehrt auf den Cabernet Sauvignon (CS). Momentan liegen wir hier bei 65 %, Tendenz steigend. Der Merlot (ME) der 28 % von der Rebfläche ausmacht, gibt dem Lagrange Saft und Fülle. Der Petit Verdot (PV) beträgt lediglich 7 %. Trotzdem ist er für uns sehr wichtig, weil wir hier für den Rotwein Rückgrat und Würze gewinnen», meinte Direktor Bruno Eynard, der einen Lagrange-Abend im Gasthaus Sempacherhof in Sempach Station persönlich präsentierte. 

Das Vorspiel; drei Jahrgänge vom Zweitwein. Der Fiefs de Lagrange ist wirtschaftlich ein wichtiger Wein, wird doch weit mehr als die Hälfte der gesamten Produktion unter diesem Etikett abgefüllt. Er soll gastronomisch und gefällig sein und früh schon Freude bereiten, so die Idee. Der 2006er zeigte dann aber doch noch feine Krallen und auch der 2000er brauchte ein paar Minuten Luft. Somit überraschte es nicht, dass der 1996er sich nach mehr als 10 Jahren noch in Topform präsentierte. 

Dann ging’s an Eingemachte: 6 Jahrgänge Lagrange! Ohne Makel, alle auf sehr gutem Niveau und jeder eine Kaufempfehlung wert. Was sich besonders schön zeigte: Erstens reflektieren die Lagrange’s klar die jeweiligen Jahrgangstypen und – trotz phänomenalem 90er – geht es Zweitens qualitativ beständig aufwärts. Die Gerbstoffe sind heute durch spätere Ernten reifer. Die Weine etwas dichter und die Komponenten harmonischer. Also ist Bruno Eynard mit seiner ständigen Harmoniesuche auf dem richtigen Weg. Er ist übrigens schon 20 Jahre auf dem Weingut. 

2006 Lagrange: Florales Bouquet, schöner Kirschduft, seidige Tannine, trotz Verschlossenheit und Potential zugänglich, weil im Innern sehr elegant.
18/20 2016 – 2035

2004 Lagrange: Dezent rauchig, speckige Nase, schwarze Pfefferkörner, schwarze Pflaumenhaut, sehr Cabernet geprägt und somit klassisch.
18/20 2015 – 2032

2002 Lagrange: Schlanker Nasenansatz, Johannisbeerenspuren, rotfruchtig, Brotkrustenton, stützende Säure, lebendig. Business-Lunch-Saint-Julien.
17/20 trinken – 2022

2000 Lagrange: Süss, rotes Pflaumenkompott und Waldbeeren, noch viel Primärfrucht, erste Eleganz aber noch mehlige Tannine, warten lohnt sich.
18/20 2015 – 2040

1996 Lagrange: Laktischer Ansatz, Wildkirsche, helle Schokonoten, angenehmer Körper, gute Säure, in der Restadstringenz liegen 20 Jahre Genussgarantie.
18/20 trinken – 2030

1990 Lagrange: Herrlich süss, heisses Bouquet mit Rosinen, hellem Malz und Leder- und Tabaknoten. Weiche Säure Finesse, Eleganz und Rasse gleichzeitig. 18/20 trinken - 2022


Gelungener Abend im Sempacherhof

Château Lagrange, Saint Julien

Bruno Eynard & René Gabriel

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HABEN SIE EINEN ENTSCHLEUNIGER?

Die Motorräder hatten wir nach langer Fahrt in die Steiermark hingestellt und mit den grossen Gepäcktaschen links und rechts vom Körper schleppend, liefen wir zum kleinen Hotel über den Weg der dahin führte. Kein flacher Asphalt, kein körniges Kies, nein – mittelgrosse und grosse bucklig runde Steine führten zum Hauptgebäude. Wir standen an der Rezeption und hatten nur noch eines im Sinn: Duschen!

Der Besitzer empfing uns freundlich und bat uns auf die bequemen Salonsessel zu sitzen. «Wir haben nur wenig Zeit und möchten schnell aufs Zimmer um zu duschen», antwortete ich missmutig «und überhaupt, der Weg da vom Parkplatz zum Hotel der ist extrem unbequem, man kann gar nicht richtig laufen».

Der Patron hörte andächtig zu und entschuldigte sich aber nur halbwegs indem er uns erklärte, dass dieser bucklige Weg ein «Entschleuniger» sei. So wäre es unmöglich an die Rezeption zu hetzen. Bei ihm laufe halt alles etwas langsamer ab, damit die Gäste mehr von den vielen kleinen speziellen Details von seinem Betrieb und der Landschaft darum herum mitbekämen.

Er erzählte uns vom frisch gebackenen Hausbrot, das dann am Morgen auf dem hölzernen Tisch stehen würde. Von den selbstgemachten Konfitüren, von Früchten die links und rechts der Sulzstrasse stünden und von der gelben Butter, die vom landwirtschaftlichen Betrieb von nebenan käme.

Er zeigte uns nach und nach alle Räume und erklärte uns das Panorama, das sich zum Süden hin anbot, Richtung Slowenien. Und voller Stolz stand er vor seiner Mauer, die nicht gerade war, sondern sich dem natürlich belassenen Terrain kurvig-harmonisch anpasste. Und dann bot er uns ein Glas Steirischen Wein an. Wir nahmen dankend an und sassen gemütlich parlierend zwei Stunden lang. Niemand wollte mehr zum Duschen hetzen und wir beschlossen, am Abend nicht weg zu fahren, sondern einfach hier etwas Käse und getrocknetes Fleisch zu essen und noch ein paar Gläser Wein zu trinken. Der unbequeme Weg zwischen Parkplatz und Gasthof hatte unsere Gemüter tatsächlich entschleunigt.

«Ich leiste mir im Leben manchmal den Luxus aufs Bremspedal zu treten!»

Das war ein kleiner Passus in einem One-Woman-Stück «Lila Rosen» von der Sängerin Sue Mathys, in dem es sich um das verrückte Leben von Edith Piaf handelte. Jener kleinen Frau, die wenige Höhen und viele Tiefen im Leben kannte und trotzdem am Schluss nichts bereute. «Non – je ne regrète rien.»
Man bereut eigentlich immer erst – wenn es zu spät ist. Zu viele Menschen in der Welt müssen ums Überleben kämpfen. In den Wohlstandsländern wäre dies zwar nicht der Fall.

«Und trotzdem», meinte Fernseh-Enfant-Terrible Frank Baumann kürzlich in einer Radiosendung, «kämpft man in unserer Region primär ums Überleben anstatt fürs Erleben.»

Ich persönlich investiere recht viel Zeit um an Nichts zu denken. Ich nenne es das «Gabriel’sche Loch». Meine Frau Karin hatte am Anfang reichlich Mühe, mich manchmal einfach so dasitzen zu sehen. Ohne Musik, ohne Buch, so irgendwie abwesend.

Ob ich was hätte? Ob mich was bedrücke? Es müsse da doch irgendwas sein und ich solle es ihr bitte sagen, weil – man könne ja über alles reden.

Das stimmt zwar schon; man kann über Alles reden. Aber über Nichts kann man halt nicht reden. Aber man kann sich dabei erholen…

Harpe Kerkeling unterstützt diese These in seinem Buch in dem er über seinen Gang auf dem Jakobsweg berichtet: «Wer sich leer fühlt – hat eine einmalige Chance im Leben.»

Ein gedankliches Time-Out nehmen – mitten im Tag – das bringt sehr viel! Von Hundert auf Null. Und dann ganz langsam wieder beginnen, bewusst in den Alltag zurück zu kehren. Sonst kann man dies nur im Schlaf – vorausgesetzt man träumt nicht. Und wer das nicht kann, versucht halt einfach mindestens einen Gang runter zu schalten. Nach dem Motto von Schauspieler Manuel Löwensberg (Sohn von Ex-Bundesrat Moritz Leuenberger): «Wer langsam lebt – ist später tot!»

Auf den Punkt bringt diese Philosophie Brian L. Weiss, bekannt durch seine Reinkarnations-Therapie: «Wenn es Dir nicht gelingt, die Gegenwart bewusst zu erleben, wirst Du Dich irgendwann umschauen und feststellen, dass sie vergangen ist. Du wirst das Gefühl für den Duft, die Lieblichkeit und die Schönheit des Lebens versäumt haben. Es wird Dir so vorkommen, als sei es mit ungeheurer Geschwindigkeit an Dir vorbeigezogen.»

Haben Sie einen Entschleuniger?                                    Passend zum Thema

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6. JANUAR 2011: ICH BIN KÖNIG GEWORDEN!

Das weckt Kindheitserinnerungen: Ein frisch gebackener Dreikönigskuchen!

Ich kaufte mir voller Vorfreude einen Solchen. Zu Hause angekommen, nahm ich als Erster ein Stück. Und wurde König! Welch ein Glück! Voller Stolz lief ich mit der Krone durchs ganze Haus. Pech war nur, dass das weisse Plastikding im allerletzten Brötchen versteckt war. Und jetzt ist mir schlecht, weil ich ganz alleine zu Hause war...   

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MISSION IMPOSSIBLE – MISSION POSSIBLE

Bei der «unmöglichen Mission» handelt es sich um einen US-Agententhriller mit Tom Cruise und Jon Voight aus dem Jahre 1996.

Bei der «möglichen Mission» handelt es sich um ein Tasting mit 13 Freunden bei dem auch der La Mission Haut-Brion 1996 verkostet wurde.

Gewisse Events sind wie Bumerangs – sie kommen immer wieder zurück. Und so hockten wie schon wie letztes und vorletztes und vorvorletztes Jahr in der ersten Januarwoche an einem grossen Tisch im Restaurant Kreuz in Emmen.

Im Zentrum standen 13 Flaschen La Mission Haut-Brion.
Wie die Weine und das Menu schmeckten. Hier

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CHÂTEAU PALMER: 1991, 1981, 1971

Immer schön zehn Jahre Differenz. Drei komplett verschiedene Palmers.

Sicherlich ist der 1991 Palmer heute immer noch einer der besten 91er. Zusammen mit Cos, Las Cases und ein paar ganz wenigen anderen Weingüter. Man merkt ihm die 20 Jahre nicht an und das Ding ist etwas kühl in der Ausstrahlung aber nicht kalt, ziemlich feine, aber gut erhaltene Tannine mit einer delikaten Bitterkeit die etwas an einen würzigen Latricières-Chambertin erinnert (17/20).

Der 1981 Palmer ist dann ein sehr typischer 81er. Die Franzosen würden sagen «ostère». Damit meint man etwas bourgeois mit einer gewissen Härte. Somit ist er auch heute noch einer der guten Weine dieses Jahrganges, zusammen mit Margaux und Gruaud. Aber wenn man bei Palmer oft viele burgundische Noten findet, dann ist das doch eher ein sehr klassischer Médoc mit Charakter (18/20).
 
Beim 1971 Palmer ist die Nase das Beste! Es duftet so herrlich nach roten Pflaumen und einer Prise Zimt und dominkanischem Tabak und dies alles mit der ursprünglichen, parfümierten Palmer-Süsse. Im Gaumen ist der Wein delikat, eher leicht mit einer gewissen Trockenheit im Finale. Somit wäre ich bei der Nase eher bei 19/20 und im Gaumen bei 17/20. Macht - nach Adam Riese - (18/20).

Da es ein Themenabend mit Zehnerschritten war, hätte ich als vierten Wein eigentlich konsequenterweise den 1961er Palmer aus dem Keller holen müssen. Aber wir wollen ja nicht gleich schon Anfangs Jahr übertreiben...

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ICH BIN EIN GENISTATOR

Jetzt ist es raus. Irgendwann musste ich es einfach gestehen. Es gibt zwar Bekenntnisse die von weit grösserer Tragweite waren...

Zum Beispiel als John F. Kennedy am 26. Juni 1963 (drei Wochen nach der Geburt meiner Frau Karin…) vor dem Rathaus Schöneberg den weltberühmten Satz sagte: «Ich bin ein Berliner». Das wusste vorher niemand. Alle dachten er sei ein Amerikaner. Sehr wahrscheinlich hat er damals einfach das kleinere Übel gewählt nach dem Motto: lieber ein Berliner sein – als ein Nussgipfel.   


Für ein weit spektakuläreres Coming-Out sorgte der bekannte deutsche Komiker Harpe Kerkeling vor gut zwanzig Jahren bei der Sendung «der heisse Stuhl» als er sich – von Rosa von Braunheim in die Zange genommen – dazu bekannte dass er schwul sei. Doch auf die ziemlich hitzigen Reaktionen reagierte der berühmte Sankt-Jakobsweg-Wanderer aussergewöhnlich cool mit dem Kommentar «und morgen jagen sie dann eine andere Sau durch den Markt».

Und jetzt komme ich mit meinem lange vor mich her geschobenen Geständnis: «Ich bin ein Genistator!»


Ich musste es einfach tun. Es war immer so peinlich, wenn ich in Hotels den Meldezettel ausfüllen musste. Dort wird nämlich nach dem Beruf gefragt. Warum das heute immer noch so ist weiss keiner mehr, weil jene die diesen Zettel entwarfen schon längst gestorben sind. Immer schrieb ich dort schön brav in diese Zeile: Koch! Aber wenn man es sich logisch überlegt, dann wird wohl nicht danach gefragt, was man vor Jahrzehnten damals lernte, sondern was der heutige Beruf ist. Ich koche zwar recht viel zu Hause, aber es ist nicht mehr mein Beruf. Auch bei Interviews oder bei Tischgesprächen kommt immer wieder die Frage auf, was ich eigentlich momentan beruflich genau mache?

Da gäbe es mehrere Möglichkeiten. Als ich mit dem Restaurant Kreuz in Sempach 1990 aufhörte (da wahr ich wohl damals beruflich «Gastronom»), wechselte ich zu Mövenpick und wurde dort «Product Manager» mit der Bezeichnung Einkaufschef, pardon «Head of Purchase Departement» als Direktionsmitglied. Weil sich parallel immer mehr Möglichkeiten boten, wechselte ich dort vor ein paar Jahren den Status und bin jetzt dort «Consultant» und berate die Einkaufsabteilung besonders für Bordeaux und Österreich.

Vielleicht müsste ich auch eventuell den Begriff «Auktionator» als Visitenkartenvariante in Erwägung ziehen. Schliesslich begutachte ich nicht wenige Keller, erstelle Listen, schleppe manchmal unzählige Kisten- und Kartons zu unserem Lager bei Rhenus oder schwinge während der Versteigerung zuweilen auch den Auktionshammer.

Weil ich verschiedene Weinreisen nach New Zealand, Südafrika, Österreich und Bordeaux organisiere könnte ich mich eigentlich auch ganz stolz «Tour Operator» nennen. Da ich viele öffentliche Vorträge zum Thema Wein halte und bezahlte Weinproben moderiere, könnte «Referent» oder «Wine-Entertainer» ebenso als Berufshinweis zutreffen. Noch mehr im Zentrum stehen Veranstaltungen rund um den Wein die ich von Planung, Anmeldung, Bestätigung, Verrechnung, Verbuchung, Inventarkorrektur, Organisation von A bis Z organisiere. Da wäre der pompöse Hinweis auf «Event Manager» wohl das Mindeste. Und weil ich all diese Aktivitäten unter dem Deckmantel der Weingabriel GmbH verrechne, wären die blufferischen drei Buchstaben «CEO» für dieser gut funktionierenden Kleinfirma wohl durchaus angebracht.

In meinem Weinkeller bin ich mein eigener Herr und Meister. Versuche das Inventar in der Excel-Liste à jour zu halten und suche oft nach Flaschen die ich meinte noch zu besitzen, oder finde welche die sich noch nicht im elektronischen Fundus befanden. Also muss man mich hier unbedingt für einen «Cellar Master» halten.   

Und weil ich als Mitbesitzer 17 Jahre lang den WeinWisser füllte und heute noch mit gezielten Artikeln bespicke, könnte ich mich sicherlich – obwohl ich es nie lernte – mit den Federn eines «Journalisten» schmücken. Sicher aber wäre «Buchautor» fair und nach so vielen Editionen angebracht.
Und jetzt, mit dem unglaublich rasanten Erfolg vom GABRIEL-GLAS bin ich sicherlich auch nicht ganz unfreiwillig zum «Glas-Promoter» mutiert.

Doch egal was ich mache, es dreht sich immer und immer wieder um den Wein. Das Degustieren desselben steht für mich seit mehr als 20 Jahren fix im Zentrum meines Arbeitslebens. Also bin ich ein «Verkoster». In einem Wörterbuch habe ich diese Arbeitstätigkeit wie folgt gefunden: Einer der etwas kostet. Ziemlich zweideutig eigentlich. Aber bei mir stimmt’s hundertprozentig! Entweder verlange für diese Tätigkeit etwas oder kriege Lohn dafür. Aber passender wäre unzweifelhaft der Begriff «Degustator». Bei diesem Wort denkt man viel eher an Wein. 

Was bei mir schon lange beruflich nicht mehr klappt ist das Trennen zum Privaten. Denn schliesslich bin ich auf der unendlichen Suche nach Genuss vor etwa 30 Jahren damals ziemlich zügig zum Wein gekommen. Und dabei bin ich in erster Linie ein Geniesser geblieben. Will heissen; erstens bin ich Geniesser und dann zweitens Degustator. Und verbindet man diese beiden Begriffe, kreiert man automatisch meinen neuen Beruf: «Genistator». Der Begriff ist neu. Man findet ihn weder im Duden, auch nicht bei Wikipedia und noch nicht bei den Suchmaschinen. Ausser – man gelangt auf diese Seite, weil ich der einzige auf der Welt bin mit diesem Begriff der bald rechtlich mir ganz alleine gehört. Ich werde mir nämlich sofort weltweit sämtliche Markenrechte eintragen lassen. Dann gründe ich eine spezifische Berufsschule und lasse mögliche Interessenten zu Genistatoren ausbilden. Im Visier habe ich da eine dreijährige Genistator-Grundschule mit Genistator-Diplomabschluss.

Erstrebenswert ist das schon, denn schliesslich komme ich als Genistator ganz gut durchs Leben...

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DAS ABENDMAHL

Als Freundschaft bezeichnet man eine positive Beziehung und Empfindung zwischen Menschen, die sich als Sympathie und Vertrauen zwischen ihnen zeigt. Die in einer freundschaftlichen Beziehung zueinander stehenden Menschen bezeichnet man als Freund. In einer Freundschaft schätzen und mögen die befreundeten Menschen einander. Freundschaft beruht auf Zuneigung, Vertrauen und gegenseitiger Wertschätzung.

Mit dem oben erwähnten Text lud ich zwölf meiner besten Freunde etwa drei Monate vor dem Event ein. Da ich damit rechnete, dass aus terminlichen Gründen der Eine oder Andere absagen würde, erstellte ich eine Ersatzliste die ich dann aber nicht benötigte. Alle sagten zu! 

Jeder Teilnehmer fuhr individuell nach Engelberg und wir trafen uns an der Kaminbar im Hotel Bellevue Terminus. Dann spazierten wir gemeinsam durch das verlassen kalte Dorf und erreichten um 17 Uhr das Kloster Engelberg. Bruder Thomas führte uns durch die heiligen Hallen und erzählte sehr lebhaft vom Alltag im Kloster und den klösterlichen Gepflogenheiten. Es scheint, dass hier die Welt und die Ansichten zum Glauben wesentlich weniger verbohrter sind als im alten Rom…

Um 18 Uhr wohnten wir dem Vesper in der Kloster-Kirche bei und erlebten eindrücklich die Gregorianischen Gesänge der Mönche. Diese fuhren nicht nur bei mir ziemlich ein und entfernte allgemein weit weg vom Alltag. Dann stiegen wir die Kellertreppe des Klosters hinunter. Seppi Waser hat dort unten nämlich sein Depot und er entkorkte ein paar Weissweine zum Apero.

Durch das noch kältere, nunmehr erdunkelte Klosterdorf pilgerten wir zurück ins warme Hotel. Anstatt uns an den Tisch zu setzen wartete die wohl grösste Überraschung auf die ahnungslosen Freunde. Der ziemlich berühmte Profi-Fotograf Daniel Boschung hatte im alten Terminus-Saal die Bühne so konstruiert, dass wir gemeinsam das Abendmahl nachstellen konnten.

Auf dem Tisch standen ganz besondere Magnumflaschen. Doch leider musste ich der erwartungsvollen Truppe mitteilen, dass diese nur zu Fotozwecken verwendet würden, weil diese viel zu warm seien um zu servieren. Ergänzend erklärte ich dann den enttäuschten Gesichtern, dass ich jeweils eine zweite Magnum der gleichen Weine in der richtigen Temperatur in einem anderen Raum bereit hielt.

Dann stellten wir uns halbrund um den Tisch auf und jeder Freund durfte einmal in der Mitte den «Chef» spielen. So entstanden dann 13 verschiedene Bilder, die  jeder ein paar Wochen später - auf Aluminium aufgezogen - als Erinnerung bekam. 

Zum folgenden «Abendmahl» servierte die Bellevue-Terminus-Crew Hirsch in vielen verschiedenen Variationen.

13 BESONDERE MAGNUMFLASCHEN
1991 Riesling Ried Schütt, Emmerich Knoll, Wachau, Magnum
2000 Grüner Veltiner Honivogl, Franz Hirtzberger, Wachau, Magnum
2005 Pinot Noir, Thomas Studach, Malans, Magnum
2000 Balino, Kopp van der Crone, Tessin, Magnum
1964 Château Ausone, Saint Emilion, Magnum
1966 Château Lynch-Bages, Pauillac, Magnum
1971 Château Cheval-Blanc, Saint Emilion, Magnum
1979 Château La Mission Haut-Brion, Pessac-Léognan, Magnum
1983 Château Pétrus, Pomerol, Magnum
1985 Château Latour, Pauillac, Magnum
1988 Château Haut-Bailly, Pessac-Léognan, Magnum
1989 Château Léoville-Barton, Saint Julien, Magnum
2003 Châteauneuf-du-Pape, Deus Ex Machina Clos Saint Jean, Magnum

13 BESONDERS GUTE FREUNDE
Marino Aliprandi, Sagy
Kaspar Bättig, Willisau
Patrik Bopp, Baar
René Gabriel, Gunzwil
Stefan Gabriel, Emmenbrücke
Jörg Kaufmann, Ennetbürgen
Peter Krummenacher, Buttisholz
André Kunz, Emmen
Markus Müller, Goldau
Lucien Schmidlin, Ste. Maxime
René Schmidlin, Javea
Bärti Stocker, Eschenbach
Jörg Studach, Honau

Es ist wichtig, dass man Freundschaften pflegt und stetig erneuert, so wie man eine persönliche Gefälligkeitsbank unterhält. Es ging mir also bei Gott nicht darum, das Abendmahl 1:1 nachzustellen. Es ging mir auch nicht darum, eine biblisch historische Begebenheit in Frage zu stellen oder gar lächerlich zu machen.

Ich wollte ganz einfach einmal etwas ganz Besonders organisieren und so meiner Wertschätzung für dankbare Freundschaften, die ich in meinem Leben immer wieder erfahren durfte, in einer ganz besonderen Form Ausdruck geben.

Ich denke das kommt rüber, wenn man sich das Erinnerungsbild genau ansieht.
Auf dem Foto, mein bester Freund: Sohn Stefan Palmer Gabriel.         Hier

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